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Interview mit HR1 zur Ortszeit in Stadtallendorf 16. März 2025 16. März 2025

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 Die Militäroperationen in der Ukraine wurden für einen Monat ausgesetzt. Ist es möglich, die Militäraktionen in der Ukraine und in Russland zu stoppen? Führen Sie die Aussaat von Getreide durch. Andernfalls wird Europa bald die Ukraine ernähren müssen. Warum wird das einzige Werk der Welt, das Teleskope herstellt, gezwungen, Raketen zu bauen? Besser wäre es, wenn sich diese Anlage mit der Minenräumung landwirtschaftlicher Flächen befassen würde.

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Interview mit HR1 zur Ortszeit in Stadtallendorf

16. März 2025 16. März 2025



Bundespräsident Steinmeier hat mit dem HR1 über seine kommende Ortstzeit in Hessen gesprochen. Vom 18. bis zum 20. März 2025 verlegt er seinen Amtssitz für drei Tage nach Stadtallendorf.

Interview mit dem HR1



Das Interview können Sie auch in der Mediathek des HR1 hören und herunterladen:



Drei Tage ‘Ortszeit Deutschland‘ in Hessen



Heute wird unsere kleine Radiosendung geadelt, denn wir sind nicht im Studio, sondern zu Gast in Schloss Bellevue in Berlin, im offiziellen Amtszimmer von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Herzlichen Dank für die Einladung.



Lieber Herr Berndt, herzlich willkommen mitten in Berlin, hier im Schloss Bellevue.



Und dies ist ein historischer Ort. In dieser Sitzgruppe empfangen Sie normalerweise Ihre Staatsgäste. Manch ein Gespräch an diesem Tisch wird vielleicht irgendwann mal im Geschichtsbuch stehen. Mit wem haben Sie hier alles schon so gesessen und geredet?



Ganz viele Präsidenten, Staatsoberhäupter, Könige und Königinnen haben hier gesessen, aber auch in schwierigen Zeiten Mitglieder der Bundesregierung und Fraktionsvorsitzende aus dem Parlament. Es ist kein bunter Reigen, aber eine ansehnliche Gruppe von Menschen, die aus unterschiedlichen Anlässen sich hier versammelt haben oder meine Gesprächspartner waren.



Also dieser Tisch könnte viel erzählen. Über dem Sofa, ich schaue mich mal um, hängt ein Gemälde: Heidelberg, der Sonnenuntergang in Heidelberg. Und das wichtigste Utensil ist natürlich neben Ihrem offiziellen Arbeitstisch die Standarte, also die Flagge mit dem Bundesadler. Welche Bedeutung hat die?



Sie hat für mich eine große Bedeutung. Es ist immer wieder die Erinnerung daran, dass es erstens eine Ehre ist, Bundespräsident dieses wunderschönen Landes zu sein, und zweitens sich auch der Pflicht und der Verantwortung bewusst zu sein, die man in diesem Amt innehat. Daneben kann ich Ihnen sagen, dass die vielen Besucher und Besuchergruppen, die sich hier durchs Schloss führen lassen, gerne ein Foto von dieser Standarte mit nach Hause nehmen.



Und müssen Sie die auch einpacken, wenn Sie kommende Woche Ihren Amtssitz nach Hessen verlegen?



Ich darf Ihnen verraten: Wir haben zwei davon.



Aber eine kommt mit.



Eine kommt mit, ganz selbstverständlich.



Denn dies ist der Anlass für unser Gespräch. In der kommenden Woche wird unser Staatsoberhaupt drei Tage in Stadtallendorf residieren. Darüber reden wir gleich zu Beginn mit Frank-Walter Steinmeier. Ortszeit Deutschland nennt sich eine Aktion des Bundespräsidenten. Dafür verlässt er das schicke Schloss Bellevue für drei Tage und verlegt seinen offiziellen Amtssitz in eine Kleinstadt irgendwo in Deutschland. In Hessen war er mit dieser Aktion noch nie. Wie fiel Ihre Wahl auf Stadtallendorf?



Erstens, in der Tat ist es jetzt die 14. Ortszeit. Das 14. Mal, dass wir meinen Amtssitz von hier aus, von Berlin, in eine Region in Deutschland verlegen. Das erste Mal zu Recht, wie Sie sagen, in Hessen. Und viele Leute verstehen das gar nicht, stellen die Frage “Warum verlässt er dieses wunderbare Schloss?“ Ja, die Frage ist berechtigt. Ich bin ja auch gern hier. Aber das versteht man nur, wenn man weiß, dass die Idee der Ortszeit auf die Corona-Zeit zurückging. Damals eine Zeit, in der die Menschen ja nicht nur Angst davor hatten, angesteckt zu werden, infiziert zu werden, sondern das war ja eine Zeit, in der das gesellschaftliche Gespräch geradezu stillgelegt war. Es fanden keine Veranstaltungen statt, keine politischen, keine Sportveranstaltungen. Das Gespräch mit der Nachbarschaft erstarb und selbst die Familien konnten nicht zueinander kommen. Das ist für eine Demokratie ein schwieriger Zustand, weil: Die Demokratie braucht den Dialog, braucht den Austausch. Und deshalb habe ich mich entschieden, um das Gespräch der Gesellschaft mit sich selbst wieder in Gang zu bringen, müssen wir etwas verändern. Wir gehen raus und zwar nicht nur, um irgendwo in Deutschland eine Rede zu halten, Limousine vorfahren zu lassen, nach der Rede wieder raus. Sondern: Wir nehmen uns die Zeit und kommen ins Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern und eben gerade dort, wohin das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit nicht jeden Tag fällt. Deshalb ist auch Stadtallendorf in die Auswahl gekommen. Auch deshalb, weil wir ja mit den Ortszeiten nicht auf der Suche nach den touristischen Hotspots in Deutschland sind. Sondern ich bin auf der Suche nach Orten und Regionen, die mich neugierig machen, wo sich etwas tut, wo Menschen anpacken, um ihre Kommune, ihren Ort zu gestalten und möglicherweise zu verändern. Und als wir im letzten Jahr diskutierten, wohin gehen wir in Hessen, fiel mir ein Artikel in die Hände, der schlicht und einfach beschrieb, dass in Stadtallendorf Dinge gelingen, die anderswo nicht gelingen, zum Beispiel bei der Integration von Eingewanderten. Und da habe ich gesagt: Mensch, das lohnt sich, da schauen wir mal genauer hin. Nicht in der Erwartung, dass wir dort auf die heile Welt treffen, aber um zu erfahren: Was ist gelungen? Was kann möglicherweise auch Vorbild für Städte in anderen ländlichen Regionen sein? Was fehlt? Was erwartet man von der Landes- und der Bundespolitik? Das hat mich neugierig gemacht und deshalb sind wir in Stadtallendorf.



Und dafür nehmen Sie sich sogar drei Tage Zeit. Das ist außergewöhnlich. Manch ein Staatsbesuch ist nicht so lang. Was sind so die Themen? Was ist Ihr Eindruck, was den Leuten besonders auf den Nägeln brennt im Augenblick? Ein Punkt ist ja zum Beispiel "Kaffeetafel kontrovers“ und das heißt schon, da kann man dann auch seine Meinung sagen.



Da kann man nicht nur, sondern mit dem Format ist das gewollt. Wir wollen ja keinen Einheitsbrei organisieren, sondern wir sagen bewusst, wenn wir einladen, wollen wir Menschen ganz unterschiedlicher Positionen am Tisch haben. Und das ist auch jedes Mal gewährleistet, da muss man sich gar keine besondere Mühe geben. Das sind manchmal kleine Themen, da geht es um die Energieversorgung in einem Ort. Es sind die großen Themen, die wir vor allen Dingen bei Ortszeiten im Osten unseres Landes immer wieder diskutiert haben. Die Frage von Krieg und Frieden: Wie stehen wir zu Russland, wie stehen wir zur Ukraine? Und auch umgehen mit Kritik an der militärischen Unterstützung, die wir gehört haben und die wir sehr, sehr ausgiebig diskutiert haben. Ich habe eigentlich noch nie erlebt, in einer dieser Runden, dass nach zwei, zweieinhalb, manchmal auch drei Stunden Diskussionen, dass jeder bei der Meinung geblieben ist, mit der er gekommen ist. Nicht jeder hat seine Meinung völlig verändert, aber ich glaube, viele am Tisch lernen in diesen Runden wieder, dass Demokratie eben heißt, auch mit dem Risiko zu leben, dass der andere Recht haben könnte. Dieses wieder zu erlernen, das ist ganz wichtig aus meiner Sicht.



Frank-Walter Steinmeier in hr1 – und wo genau man den Bundespräsidenten kommende Woche treffen kann in Stadtallendorf, darüber reden wir in der kommenden Stunde noch ausführlich. Viele Menschen haben keine so genaue Vorstellung von der Arbeit des Bundespräsidenten. Manche halten ihn für den Grüßaugust der Nation, der Staatsgäste empfängt, der Reden hält, Reisen machen darf. Das ist aber natürlich nur die eine Seite dieses Amtes. Wenn es ernst wird, muss der Bundespräsident auch in die Politik eingreifen können. Frank-Walter Steinmeier hat das sogar schon zweimal gemacht, zuletzt erst im Dezember, als er den Bundestag aufgelöst und Neuwahlen angeordnet hat. Hätten Sie auch sagen können, kommt gar nicht in die Tüte, regiert mal schön weiter? Wie groß ist Ihr Spielraum bei so einer Entscheidung?



Der Spielraum ist durch die Verfassung gelegt und das Amt des Bundespräsidenten in Deutschland ist durch das Grundgesetz vornehmlich repräsentativ ausgelegt. Das heißt, der Bundespräsident mischt sich nicht ein in die Tagespolitik. Er hat für das Bild Deutschlands im Ausland zu sorgen, Kontakte mit unseren Partnern und Freunden in der Welt zu pflegen und natürlich eine wichtige Rolle bei der Ausfertigung von Gesetzen. Daneben ist meine Wahrnehmung, mit der härter werdenden Auseinandersetzung, mit der größeren Schwierigkeit, eindeutige Mehrheiten zu finden, verändert sich auch so ein bisschen das Bild des Bundespräsidenten. Es bleibt dabei, dass seine Rolle vornehmlich repräsentativ angelegt ist, aber ich habe es eben auch selbst erlebt und Sie haben die Beispiele genannt, dass der Bundespräsident auch manchmal gesucht wird, um schwierige Situationen zu entschärfen und Kompromisse in der Politik wieder möglich zu machen. Jenseits der Tagespolitik und nur in außergewöhnlichen Situationen, wie wir es 2017 erlebt haben, als kurz nach der Wahl keine regierungsfähige Mehrheit, keine neue Regierung zustande kam und es in der Tat drohte, dass wir kurz nach den Wahlen schon wieder Neuwahlen haben würden. Da habe ich in der Tat meine Auffassung öffentlich gemacht und gesagt: Wenn Mehrheiten möglich sind, dann darf sich derjenige, der sich um eine Mehrheit bewirbt, nicht wegdrücken vor der Verantwortung.



Nun haben wir jetzt wieder so eine Situation, wo wir nicht genau wissen, wie es weitergeht. Bis Ostern soll die neue Regierung stehen. Es wackelt noch arg, es könnte auch noch scheitern. Sie sind natürlich überparteilich, aber wie genau verfolgen Sie diesen Prozess?



Ich glaube, es wäre unverantwortlich, wenn ich diesen Prozess nicht verfolgen würde. Ich sitze nicht mit am Verhandlungstisch, aber soweit das möglich ist, informiere ich mich über die Verhandlungsstände. Und die Situation ist heute, das will ich gerne sagen, die ist anders als 2017. Wir haben zwei Parteien, die über eine Mehrheit im neuen Deutschen Bundestag verfügen und beide sagen, dass sie ihre Verantwortung erkennen. Insofern hoffe ich nicht nur, sondern ich gehe davon aus, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird, eine neue Regierungskoalition zu bilden.



In der kommenden Woche soll das Grundgesetz noch vom alten Bundestag geändert werden, obwohl der neue schon gewählt ist. Und das, um ein riesengroßes Schuldenpaket durchzuwinken. Bereitet Ihnen sowas Bauchschmerzen?



Das ist keine Frage der Bauchschmerzen, sondern der Präsident hat eine Rolle, wenn politische Entscheidungen in Gesetzesform fließen. Dann hat er zu prüfen, ob die Ausfertigung möglich ist. Und bei der Ausfertigung spielt natürlich eine Rolle, ob das Parlament, das entschieden hat, die Kompetenz, die Zuständigkeit dazu hatte. Und hier gilt zunächst einmal der Grundsatz, dass die Legislaturperiode erst endet, wenn ein neuer Bundestag in Kraft tritt. Bis dahin hat der bestehende Bundestag volle Rechte – auch die zur Gesetzgebung.



Als überparteiliches Staatsoberhaupt: Was ist Ihr Appell an die Parteien in dieser sensiblen Phase?



Die Menschen erwarten erstens, dass wir relativ schnell wieder eine stabile und vor allen Dingen handlungsfähige Regierung haben. Und ich füge hinzu: Darauf warten nicht nur die Menschen in Deutschland, sondern ganz Europa wartet darauf, dass Deutschland seine Handlungsfähigkeit wieder unter Beweis stellt. Politik ist ja nicht einfacher geworden, aber wir müssen uns daran erinnern, dass Politik vor allen Dingen eines ist, nämlich Problemlösen. Und das erwarten die Menschen von der Politik und jetzt mit hohem Anspruch von der zukünftigen Regierung. Deshalb hoffe ich, dass sich alle Beteiligten dieser Verantwortung bewusst sind.



hr1-Talk: Heute aus dem Amtszimmer des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Mein Name Uwe Berndt. Aber Sie wohnen ja nicht hier im Schloss Bellevue.



Ich wohne nicht mehr hier, auch deshalb, weil es hier gar keine Wohnung mehr gibt. Außerdem genieße ich die Distanz von meiner eigenen Wohnung zum Schloss. Man hat ein wenig Gelegenheit, sich auf der Fahrt hierher vorzubereiten, beziehungsweise auf der Fahrt zurück auch ein bisschen Abstand zu gewinnen von den Themen des Tages. Es ist schon ganz gut gelöst, dass seitdem Präsident Rau mit seiner Ehefrau hier ausgezogen ist, die Räumlichkeiten umgebaut worden sind – zu Besprechungsräumen und anderen. Seit der Präsidentschaft von Präsident Rau gibt es eine Residenz 20-25 Minuten entfernt von hier, wo der jeweilige Präsident mit seiner Familie wohnen kann.



Jetzt bin ich gespannt auf die präsidialen Musikwünsche. Wir spielen als erstes Joe Cocker für Sie mit "With a little help from my friends“. Was verbinden Sie mit diesem Song?



Ja, es ist nicht nur eine meiner ersten LPs, die ich gehabt habe, damals Woodstock, wo Joe Cocker aufgetreten ist. Sondern verstehen Sie es auch als einen kleinen Gruß auf die andere Seite des Atlantiks, als Erinnerung daran, dass hier noch Freunde leben.



Joe Cocker für Frank-Walter Steinmeier. [Musik-Einspieler]



Der hr1-Talk heute mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. In Hessen kennt er sich übrigens gut aus, denn er hat in Gießen studiert und in Frankfurt sein juristisches Referendariat gemacht. Was waren so Ihre studentischen Lieblingsorte in Gießen?



Ja, wir haben unsere Kneipe gehabt. Damals eine Kneipe, die es schon lange nicht mehr gibt, in der ich häufiger war. Eine kleine Kneipe namens "Quadratmeter“. Viel größer war sie auch nicht (lacht) oder "Die Brezel“ und "Der Bahndamm“. Aber ich habe mich in diesen 14 Jahren in Gießen sehr wohl gefühlt. Für Juristen hatte die Universität damals einzigartige Studienbedingungen. Der Fachbereich Jura war wieder begründet worden als Formfachbereich. Es war ein Vorzeigebetrieb mit vielen Kleinveranstaltungen und nicht mehr mit den großen Frontalvorlesungen. Ich habe viel gelernt in der Zeit und ich weiß bis heute, dass da viel Grund gelegt worden ist für das, was sich später in meinem Leben ereignet hat und ereignen konnte.



Sie haben auch an einer Zeitschrift mitgearbeitet als Student, die hieß "Demokratie und Recht“. Die wurde sogar vom Verfassungsschutz beobachtet. Waren Sie so links?



Die wurde vom Verfassungsschutz deshalb beobachtet, weil sie in einem Verlag erschienen ist, der "Pahl Rugenstein“ hieß und der als Verlag vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Wir sind ja später vom Verlag rausgeschmissen worden. Uns ist die Redaktion entzogen worden, weil wir offenbar nicht genügend auf der Linie des Verlages waren. Also: Das Entscheidende war aber für mich, dass ich schon während des Studiums als wissenschaftliche Hilfskraft angefangen habe, fachwissenschaftlich zu arbeiten und zu publizieren. Das hat geschult für vieles, was später kam.



Mitgearbeitet hat damals auch Brigitte Zypries, die spätere Justizministerin. Also da kann man ja schmunzeln: Aus der linken Studentin wurde die Justizministerin und aus dem linken Studenten unser Bundespräsident.



Ich freue mich, dass ich Brigitte Zypries so relativ früh in meinem Studium kennengelernt habe. Ich habe 1976 in Gießen angefangen und wir haben uns auch kurze Zeit später kennengelernt und wir sind uns immer wieder begegnet. Auf unseren etwas unterschiedlichen Lebenswegen. Später dann, sehr viel später in Hannover und dann wieder in Berlin. Ich freue mich, dass wir bis heute Kontakt haben und uns freundschaftlich verbunden sind.



Es gibt ja diesen blöden Spruch: Wer in seiner Jugend nicht links ist, der hat kein Herz und wer in seinem Alter immer noch links ist, der hat keinen Verstand. Ist da vielleicht sogar ein bisschen was dran?



Ach, ich weiß nicht, das müssen andere bewerten, wie überhaupt die Kategorien von links und rechts sich im Augenblick deutlich verschoben haben.



Angenommen, der Student Frank-Walter Steinmeier aus den 70ern säße jetzt hier am Tisch und würde sich unterhalten mit dem Bundespräsidenten Steinmeier. Was würde er ihm sagen?



Ich weiß überhaupt nicht, ob der junge Student der Mitte der 70er Jahre sich mutig genug fühlte, um dem Präsidenten etwas zu sagen. Aber setzen wir mal voraus, dann würde er vielleicht gegenüber dem Bundespräsidenten den Wunsch äußern, dass mit all den Gefährdungen, unter denen wir leben, mit den Anfechtungen, die wir gegenüber unserer eigenen Demokratie, aber auch in unseren europäischen Nachbarstaaten erfahren, dass wir uns vor allen Dingen dafür engagieren, dass diese Demokratie erhalten bleibt und wissend, dass sie nicht vom Himmel gefallen ist, dass sie nicht auf ewig garantiert ist, dafür zu sorgen, dass sich Menschen immer wieder für sie engagieren.



Frank-Walter Steinmeier über seine Studienzeit in Gießen. – Das Schloss Bellevue ist ein würdevoller Ort. Dieses Amtszimmer hier repräsentiert unseren Staat, genauso wie das Oval Office in Washington die USA repräsentiert. Herr Bundespräsident, über diese Szene hat die ganze Welt den Kopf geschüttelt: Donald Trump demütigt im Oval Office Wolodymyr Selensky. Der US-Präsident behandelt einen anderen Präsidenten wie ein kleines Kind. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das gesehen haben?



Ich habe nicht den Kopf geschüttelt, sondern ich war wirklich erschüttert, weil: Wer ein bisschen Erfahrung in der internationalen Politik hat, der weiß, wenn man sein Gegenüber vor der großen Weltöffentlichkeit in dieser Art und Weise demütigt, dann muss Diplomatie scheitern. Und das ist das, was mich am meisten besorgt. Dass jetzt versucht wird, Selensky nicht nur zu einem Unterwerfungsfrieden zu bringen, sondern möglicherweise auch den Fortbestand einer unabhängigen, einer sicheren Ukraine langfristig zu gefährden. Jeder ist für Frieden, am stärksten und am meisten die Ukrainerinnen und Ukrainer selbst. Aber er muss zu Bedingungen geschlossen werden, der die Ukraine überlebensfähig und souverän hält. Und deshalb bin ich sehr dafür, dass diplomatische Bemühungen, wie sie jetzt stattfinden, fortgesetzt werden. Ich hoffe darauf, dass das, was jetzt begonnen hat in Dschidda in einen Waffenstillstand einmündet. Aber es müssen am Ende auch faire Bedingungen für die Ukrainerinnen und Ukrainer da sein und am Ende auch die Gewährleistung für Sicherheit für die Ukraine. Das ist nicht hinzukriegen mit solchen Veranstaltungen, wie wir sie bedauerlicherweise im Oval Office gesehen haben.



Sind die USA, so wie wir sie jetzt erleben, noch unser Partner?



Die Partnerschaft bezieht sich auf ein Land, und ich weiß, dass Europa und auch Deutschland nach wie vor viele Freunde in den USA haben. Und deshalb würde ich sagen, wir nehmen zurzeit zur Kenntnis, dass die USA Signale setzt, sich von Europa abzuwenden. Sie suchen nach Distanz, sie denken über die amerikanischen Beiträge für die NATO nach. Das alles verändert auch die Rolle Europas. Aber wir sollten von uns aus kein Interesse daran haben, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Wir setzen darauf, dass transatlantische Partnerschaft auch wieder wachsen kann in Zukunft, vielleicht nicht innerhalb der nächsten Jahre, aber in fernerer Zukunft wieder wachsen kann. Bis dahin muss uns klar sein, dass die Entscheidungen, die jetzt in den USA getroffen werden, uns in Europa zu etwas zwingen, was wir lange Zeit nicht wahrhaben wollten, dass wir für unsere eigene Stärke, auch militärische Stärke sorgen müssen. Und wahrgenommen und ernst genommen werden wir nur, wenn wir neben militärischer Stärke in der Tat auch ökonomische Stärke haben. Dann, glaube ich, muss uns über die Zukunft Europas nicht bange sein. Das wird alles nicht über Nacht geschehen, aber wir müssen jetzt die richtigen Grundentscheidungen treffen. Und ich bin sehr froh darüber, dass das im politischen Berlin doch von vielen erkannt ist und richtige Schritte mindestens auf dem Weg sind.



Diese Szene im Oval Office, die zeigt vielleicht noch was anderes. Diplomatische Gepflogenheiten werden ja auch gerne mal belächelt als Protokoll-Klimbim. Offensichtlich ist das mehr. Wie wichtig ist die Diplomatie für den Zusammenhalt der Welt?



Da fragen Sie ja nicht nur einen Bundespräsidenten, sondern auch einen ehemaligen Außenminister, der die Diplomatie nicht als schönes Beiwerk begriffen hat, sondern sie für notwendig hält. Und deshalb sage ich: Uns muss gewiss sein, dass allein Diplomatie die Welt nicht zum Positiven verändern kann. Sie muss gegründet sein auf eigene Stärke. Dafür müssen wir jetzt viel mehr tun. Aber es muss uns ebenso ins Bewusstsein geraten, dass wir mit denjenigen, die uns in der Welt als Partner noch zur Verfügung stehen, dass wir mit denen dafür sorgen müssen, dass nicht das Trumpsche Prinzip der Regellosigkeit die Zukunft der internationalen Beziehungen beherrscht, sondern dass wir mit denen, die unsere Partner sind, dafür sorgen, dass Regeln, nach denen wir uns gemeinsam orientieren, erhalten bleiben. Dazu gehört das Völkerrecht, dazu gehört die Charta der Vereinten Nationen, dazu gehört auch die Grundregel des freien Welthandels und die WTO. Und ich kann Ihnen jetzt gerade nach meiner Rückkehr aus Südamerika – Uruguay, Paraguay und Chile – sagen: Es gibt diese Partner, die in die gleiche Richtung denken wie wir. Es gibt sie nicht nur in Europa.



Der hr1-Talk heute aus dem Schloss Bellevue in Berlin auf Einladung unseres Staatsoberhauptes, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Wenn ich hier am Schloss vorbeikomme, ehrlich gesagt, denke ich oft noch an Herrn Herkeling, der hier mal, …



Ich glaube, er auch … (lacht).



… der verkleidet als Königin Beatrix hier vorgefahren ist, lecker essen gehen wollte. Das war lange vor Ihrer Zeit. Konnten Sie darüber lachen?



Ich konnte nicht nur darüber lachen, ich habe damals drüber gelacht und ich habe auch mit ihm gemeinsam darüber gelacht. Ich kenne ihn ein bisschen und wir haben diese Szenerie oft miteinander besprochen und ausgetauscht. Man darf nicht über alles lachen, weil: Das hat natürlich hier im Schloss damals auch große Diskussionen ausgelöst.



Die Sicherheit, ja.



Ja, die Sicherheit.



Und was wäre passiert, wenn die echte Königin gekommen wäre? Wenn die sich getroffen hätten?



Die Konkurrenz, glaube ich, wäre schnell aufgelöst gewesen. (lacht)



Heute wäre das undenkbar, wegen der unglaublich hohen Sicherheitsvorkehrungen.



Ich glaube, es war nicht der einzige Fall. Wir haben danach, glaube ich, ernsthaftere Fälle weltweit erlebt, die dann zur Steigerung der Sicherheitsanforderungen geführt haben. Und ich hoffe sehr, dass es vergleichbare Fälle deshalb heute nicht wieder geben würde. Die Polizeibeamten an der Pforte passen jedenfalls sehr genau auf.



Das habe ich erlebt. Gleich wird unser Bundespräsident noch private Einblicke gewähren. Dabei hilft uns natürlich wie immer der HR1-Fragebogen. Nun wird auch der beliebte hr1-Fragebogen geadelt, der noch nie hat in unser Staatsoberhaupt ausgefüllt. Mein schönstes Privileg als Bundespräsident ist, …



…, dass ich Bundespräsident sein kann nach einer politischen Laufbahn, die mich Parteipolitik hat berühren lassen – Außenpolitik, Innenpolitik –, und ich hier auch so etwas wie die Summe meiner Erfahrungen ziehen kann.



Ein halbes Pfund Butter kostet ungefähr …



… 2,30 Euro im Discounter, drei Euro beim Bio.



Von meiner Tochter habe ich gelernt, …



… immer neugierig zu bleiben. Sie ist in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ist damit eher auf Ihrer Seite, die Fragen zu stellen und die stellt sie mir.



Mein Lieblingsessen …



Leider ganz viele. Ein Sammelbegriff würde ich sagen, schon häufig italienische Pasta.



Zuletzt geklaut habe ich …



Gar nicht.



Am meisten auf die Palme bringt mich …



Uneinsichtigkeit und Unvernunft.



Das Schwierige an der Demokratie ist, …



…, dass man aushalten muss, dass andere Recht haben.



Bereut habe ich, …



…, dass ich während meiner aktiven politischen Phase, vor allen Dingen damals als Chef des Kanzleramtes, wenig Zeit für meine Tochter hatte, die sie vorhin schon angesprochen haben. Zu wenig Zeit hatte.



Ich würde gerne mal einen Abend verbringen mit ...



Hape Kerkeling ist immer ein Vergnügen.



Der 24. August ist für mich...



Der 24. August ist ein kleiner Feiertag für uns in der Familie, weil meine Frau an dem Tag transplantiert worden ist. Jetzt schon vor 15 Jahren.



Und Sie haben ihr die Niere gespendet?



Ja.



Der Glaube?



Gibt mir nach wie vor Orientierung.



Meine letzte Zigarette war ...



… Jahre her. Ich habe Gott sei Dank, nachdem ich bestimmt zwei oder dreimal erfolgreich aufgehört habe, ebenso erfolgreich wieder angefangen. Aber inzwischen bin ich es Gott sei Dank los.



In meinem Bücherregal unten rechts steht ...



Sie stellen sich mein Bücherregal zu klein vor (lacht). Es geht einmal um drei Ecken in der Bibliothek drumherum und unten rechts steht in der Tat noch der Rest meiner juristischen Literatur.



Der hr1-Fragebogen ausgefüllt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Vielen Dank. Der Bundespräsident repräsentiert unser Land in guten wie in schlechten Zeiten. Er empfängt Staatsgäste, aber er ist eben auch gefragt, wenn schreckliche Dinge passieren. Und davon hatten wir in den letzten Monaten leider mehr als genug. Es gab viele Anschläge mit Toten und Verletzten. Fällt es Ihnen manchmal schwer, Trost zu spenden?



Weil ich gerade erst zurückgekommen bin aus Hanau, wo wir erinnert haben an die furchtbaren Morde vor fünf Jahren, erinnere ich mich an den Tag nach den Morden, als ich gemeinsam mit dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten bei und mit den Angehörigen gesessen habe. Der Oberbürgermeister der Stadt Hanau war dabei. Und es gibt Situationen, wo man keinen Trost spenden kann, wenn der Schmerz so groß ist, dass die Trauer noch nicht einmal Einkehr halten kann. Das sind Situationen, wo es manchmal besser ist, man weint gemeinsam mit den Angehörigen und das war so eine Situation, wo niemand Tränen zurückhalten konnte. Eine Situation, wie sie in den letzten Jahren leider zu häufig vorgekommen ist – wenn ich an Halle, an Mannheim, an Solingen, an Magdeburg, an Aschaffenburg denke.



Wie kann man in solchen Augenblicken Zuversicht geben?



In solchen Augenblicken darf man überhaupt nicht den Satz sagen "Und ab jetzt schauen wir wieder nach vorne". Sondern das sind Situationen, von einer Sekunde auf die andere ist nichts mehr, wie es war für die Menschen, die zurückgeblieben sind, die ihre Angehörigen verloren haben. Und deshalb darf man hohle Formeln, wie "Wir schauen jetzt nach vorne" überhaupt nicht gebrauchen. Sondern man braucht eine Sprache, mit der man sich in die Situationen der Menschen möglichst weit hineinfühlt, ohne je so zu empfinden wie diejenigen, die gerade ihren Liebsten verloren haben. Aber die anteilnehmende Sprache ist wichtiger als der unrealistische Blick nach vorne, der in einer solchen Situation gar nicht entstehen kann.



Heute sind wir zu Gast im Amtszimmer des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Ich bin Uwe Berndt und ich habe Ihnen auch noch etwas mitgebracht aus Ihrer Studienzeit in Gießen. Wir haben gerade darüber gesprochen. Wir hatten sie schon erwähnt: Brigitte Zypries, mit der Sie zusammen studiert haben. Und die hat uns tatsächlich ein Grußwort geschickt. Das möchte ich Ihnen mal gerne vorspielen.



Brigitte Zypries: Lieber Frank, Deine Ortszeit diesmal hat Dich nach Stadtallendorf geführt. Eine Stadt, die nur knappe 50 Kilometer entfernt liegt von unserem gemeinsamen Studienort – von Gießen. Ich war während meiner Zeit in Gießen kein einziges Mal in Stadtallendorf. Aber ich habe mich natürlich jetzt mit der Stadt beschäftigt und festgestellt, dass wir eigentlich 1977 von Stadtallendorf was hätten merken sollen, als aufmerksame Leser des Gießener Anzeigers. Am 01.01.1967 wurde nämlich Allendorf erst zu Stadtallendorf. Und das stand damals bestimmt in unserer Zeitung. Gelernt habe ich auch, dass es ein Museum gibt über die Geschichte der Zwangsarbeit in den Sprengstoffwerken Allendorf. Und das klang für mich so interessant, dass ich mir vorgenommen habe, wenn ich das nächste Mal in Südhessen bin, dass ich dann auch mal einen Abstecher mache nach Stadtallendorf. Dir wenigstens wünsche ich jetzt spannende, interessante, sicher auch anstrengende Tage mit guten Gesprächen. Ich bin gespannt, was Du bei Gelegenheit berichten wirst. Bis dann, Brigitte.



Aus Kasseler Perspektive ist Stadtallendorf dann schon Südhessen.



Der Streit geht ja eher um die Frage: Mittelhessen oder Oberhessen? Genau. Ich glaub, es ist Oberhessen.



Für mich ist es Mittelhessen, Stadtallendorf, oder?



Ich weiß nicht, ob die Grenzziehungen eigentlich jemals geklärt worden sind.



Haben Sie damals als Student auch Stadtallendorf links liegen lassen? Klar, man war auf seinen Studienort fixiert.



Ich habe mich selbst gefragt und natürlich bin ich häufig in Marburg gewesen. Ich bin auch noch näher dran gewesen an Stadtallendorf sicherlich: in Rauischholzhausen. Rauischholzhausen war ein Teil der Universität Gießen. Hatte dort landwirtschaftliche Versuchsflächen. Einmal im Jahr fand dort ein Universitätsfest statt. Das war schon nah dran an Stadtallendorf. Noch näher dran ist, glaube ich, Amöneburg. Da bin ich auch ein-, zweimal gewesen. Aber in Stadtallendorf selbst meines Wissens nicht.



Wie kommen wir jetzt von Stadtallendorf nach Kuba? Sie haben sich kubanische Musik gewünscht.



Das hängt schlicht und einfach damit zusammen, dass ich gerade aus Südamerika zurückkomme, von Besuchen in Uruguay, Paraguay und Chile, viel lateinamerikanische und südamerikanische Musik gehört und mich dann an den Buena Vista Social Club erinnert habe.



Und den hören wir jetzt. "Chan Chan“ für Frank-Walter Steinmeier. [Einspieler Musik]



Der Bundespräsident packt seine Standarte ein. In der kommenden Woche verlegt er seinen offiziellen Amtssitz für drei Tage nach Stadtallendorf. Er wird sich dort nicht langweilen. Er will mit den Hessen in Kontakt kommen. Er will mit ihnen diskutieren. Wo kann man Sie überall treffen in Stadtallendorf?



Wir fangen an, wie üblich bei diesen Ortszeiten, mit einem Gespräch mit der Kommunalpolitik, natürlich dort im Rathaus. Wir haben eingeladen zu einem runden Tisch – Kaffeetafel kontrovers –, wo wir die Frage "Migration und Zuwanderung: Wie geht das in Stadtallendorf?" diskutieren werden. Aber nicht nur bei solchen formalen Diskussionen werden wir uns begegnen, sondern wir haben tiefen Einblick in das Sport- und Vereinsleben der Stadt. Wir treffen Jugendliche, wir machen Betriebsbesichtigungen und reden dort mit Geschäftsführern, Betriebsräten, mit Auszubildenden; gehen in der Stadt auch in die Geschäfte und reden auf der Straße mit den Leuten. Also es besteht ganz viel Gelegenheit, uns erstens zu treffen, aber noch wichtiger für mich, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.



Und Sie werden auch eine Boxschule besuchen. Was ist das Besondere an dieser Boxschule?



Nachdem, was ich gelesen habe, ist diese Boxschule ja ein Instrument oder eine Möglichkeit zur Integration von Jugendlichen. Und offenbar wird das in der Stadt auch mit Zufriedenheit beobachtet, wie es gelingt, gerade in dieser Boxschule, Jugendliche, die zugewandert sind, in die Gesellschaft zu integrieren. Das werde ich mir einfach mal anschauen. Wie gesagt, wir kommen ja nicht in der Erwartung, dass alles das, was über gelingende Integration in Stadtallendorf geschrieben worden ist, eins zu eins stimmt. Sondern wir sind neugierig, wie viel davon wahr geworden ist und wo möglicherweise auch Defizite sind. Das eine oder andere ist uns auch aus den Schulen schon schriftlich zugegangen: Lehrern, die gesagt haben, wir brauchten eigentlich noch eine bessere Ausstattung, um erfolgreiche Integrationsarbeit zu schaffen.



Wie schwer ist es eigentlich in diesen Zeiten wirklich mit dem Volk ins Gespräch zu kommen, wo Sie doch quasi Tag und Nacht von Sicherheitskräften umzingelt sein müssen? Natürlich ist der Bundespräsident eine gefährdete Person und muss beschützt werden, aber dann können Sie ja schlecht auf die Marktfrau zugehen. Wie machen Sie das dann tatsächlich?



Ja, da haben wir ehrlich gesagt, Herr Berndt, da haben wir auch gelernt. Wir sind bei der ersten Ortszeit auch in der üblichen Aufstellung losgezogen und haben gemerkt, das erzeugt eine zu hohe Schwelle für die Bürgerinnen und Bürger, auf uns zuzugehen. Wir haben dann flexiblere Modelle mit den Sicherheitsbeamten, mit der Polizei diskutiert und das funktioniert, werden Sie auch in Stadtallendorf sehen, das funktioniert inzwischen ganz gut. Und so kommt das zustande, woran Sie eben Zweifel hatten, ob es zustande kommt, das Gespräch mit der Marktfrau oder denjenigen, die in den Geschäften einkaufen oder denjenigen, denen wir in Sportveranstaltungen begegnen. Das funktioniert ganz gut. Und ehrlich gesagt, unsere Anwesenheit ist sehr selten auf Ablehnung gestoßen. Es gab von Extremisten organisierte kleinere Demonstrationen und Proteste, die wir auch mal erlebt haben in zwei, glaube ich, der Ortszeiten, wenn ich richtig zurückdenke. Aber im Grunde genommen bestätigt sich nicht dieses Übermaß an Ablehnung von Politik, von dem ich immer lese. Die Menschen sind eigentlich nach wie vor ganz froh, wenn sie dem Bundespräsidenten begegnen, wenn sie ihm Fragen stellen können und er vielleicht im Zweifel sogar Antworten hat.



Das können wir dann erleben, nächste Woche in Stadtallendorf: Frank-Walter Steinmeier. Genau zwei Jahre noch wird Frank-Walter Steinmeier unser Staatsoberhaupt sein, dann hat er seine zweite Amtszeit erfüllt. Das ist ja schon noch mal eine Zeit, die absehbar ist, aber wo man einiges auch noch anstoßen kann. Also was steht bei Ihnen denn so auf Ihrer To-Do-Liste? Was wollen Sie in Ihrer Amtszeit noch machen?



Also es sind drei Dinge, um die ich mich im Augenblick aktuell kümmere und die nicht morgen oder übermorgen vorbei sein werden. Sie nehmen zur Kenntnis, ich habe mich intensiv bemüht, das Thema "Aufarbeitung der Corona-Zeit“ nochmal ins Visier zu nehmen. Ehrlich gesagt nicht, weil ich Großes vorzuwerfen hätte. Zweitens auch, weil ich überhaupt nicht empfehlen kann, jetzt nach Sündenböcken oder Schuldigen zu suchen, sondern weil es uns doppelt helfen könnte. Weil erstens die Demokratie zeigen könnte, wir sind in Deutschland besser durch die Pandemie gekommen als andere. Und zweitens, da wo wir besser werden könnten, können wir ja auch lernen. Und beide Dinge sind so wichtig, dass ich eigentlich dem neuen Bundestag nur empfehlen kann, sich der Aufarbeitung tatsächlich zu widmen. Das Zweite ist das Thema "Handlungsfähigkeit des Staates“. Ich glaube, da gibt es eine Riesenerwartung, dass sich bei der langen, langen Diskussion, die wir über Entbürokratisierung haben, endlich etwas verändert. Und es geht natürlich nicht nur im engeren Sinne um Entbürokratisierung – kürzere und verständlichere Formulare etwa –, sondern es geht natürlich auch darum, dass wir unsere Verwaltung stärker digitalisieren, um mehr Menschen zur Verfügung zu haben, die auch tatsächlich für Beratungsaufgaben zur Verfügung stehen.



Da haben Sie ja die Schirmherrschaft übernommen für eine Gruppe, die das durchdenkt. Aber das sind auch so Dinge, die wir schon seit Jahren hören. Und man fragt sich, warum ist dieses Land so schwerfällig eigentlich? Natürlich ist niemand für Bürokratie in Deutschland.



Niemand ist für Bürokratie, aber sie wächst relativ selbstständig ...



Warum ist das so bei uns?



… und ab und zu muss man halt darüber nachdenken, wo man Schnitte machen kann. Ich sage ja immer, lasst uns zurückdenken an die Krisen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten überwunden haben. Lasst uns nicht lamentieren über das, was ist, sondern lasst uns daran erinnern, dass wir unsere Kraft zu Reformen auch immer wieder gefunden haben. Deshalb: Nicht durch Kleinmut und Hader und Selbstzweifel gewinnen wir die Zukunft, sondern indem wir uns auf unsere Stärken besinnen und nach vorne schauen.



Von den Bundespräsidenten bleibt oft so eine Kernbotschaft übrig, also "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen", "Der Islam gehört zu Deutschland": Was würden Sie sich wünschen? Welcher Satz sollte von Ihrer Präsidentschaft bleiben?



Ich habe ja vorhin auf meine etwas längere Biographie verwiesen und habe gelernt: Die Deutschen mögen Ruck-Reden, aber sie mögen den Ruck nicht.



Ja, genau.



Das habe ich dann bitter erfahren müssen nach der sogenannten Agenda 2010. Deshalb würde ich mir wünschen, dass nicht ein Satz in Erinnerung bleibt, sondern dass die Ernsthaftigkeit meines Engagements um die Demokratie in diesem Lande erhalten bleibt und dass ich dieses auf vielfältige Art und Weise unterlege.



Die Bundesversammlung wird in zwei Jahren Ihren Nachfolger wählen. Bis dahin ist noch Zeit. Natürlich werden Sie keinen Vorschlag machen, aber wäre es nicht langsam Zeit mal für eine Frau in diesem Amt?



Ja, ich wollte Sie gerade schon korrigieren, als Sie Nachfolger gesagt haben. Ich glaube, wir müssen davon ausgehen, dass es den starken Wunsch nach einer Nachfolgerin geben wird. Aber Sie haben recht, ich werde dazu keine Empfehlungen machen. Das wird die nächste Bundesversammlung sein.



Aber vielleicht können wir, zum Schluss sozusagen, noch die Stellenausschreibung für Ihren Job formulieren. Also was sollte da drinstehen? BundespräsidentIn, männlich, weiblich, divers, sollte mitbringen …



… nicht nur Lebenserfahrung, sondern – nach meiner Auffassung – auch ein bisschen politische Erfahrung und Neugier auf das, was sich um unser Land herum tut.



Herr Bundespräsident, vielen Dank für das Gespräch, vielen Dank für den Besuch im hr1-Talk. Am Schluss ist es bei uns üblich, dass der Gast eine Klitzekleinigkeit auswendig aufsagt.



Ein Grundsatz, den ich jungen Menschen, auch Besuchergruppen immer wieder sage, die mich dann fragen "Herr Steinmeier, Sie sind Bundespräsident geworden. Sie haben dies oder das vorher gemacht. Wie plant man eine solche Karriere?" Und meine Antwort ist immer, indem man sie nicht plant. Denn das Leben ist am Ende das, was sich ungeplant ereignet.



Ein schöner Satz zum Schluss dieses Gesprächs. Damit gehen wir in den Sonntag. Vielen Dank für das Gespräch! Mein Name ist Uwe Berndt. Wir beide wünschen einen schönen Sonntag. Tschüss.



Danke.


Interview mit HR1 zur Ortszeit in Stadtallendorf

16. März 2025 16. März 2025


Bundespräsident Steinmeier hat mit dem HR1 über seine kommende Ortstzeit in Hessen gesprochen. Vom 18. bis zum 20. März 2025 verlegt er seinen Amtssitz für drei Tage nach Stadtallendorf.


Interview mit dem HR1


Heute wird unsere kleine Radiosendung geadelt, denn wir sind nicht im Studio, sondern zu Gast in Schloss Bellevue in Berlin, im offiziellen Amtszimmer von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Herzlichen Dank für die Einladung.


Lieber Herr Berndt, herzlich willkommen mitten in Berlin, hier im Schloss Bellevue.


Und dies ist ein historischer Ort. In dieser Sitzgruppe empfangen Sie normalerweise Ihre Staatsgäste. Manch ein Gespräch an diesem Tisch wird vielleicht irgendwann mal im Geschichtsbuch stehen.

  1. Mit wem haben Sie hier alles schon so gesessen und geredet?


Ganz viele Präsidenten, Staatsoberhäupter, Könige und Königinnen haben hier gesessen, aber auch in schwierigen Zeiten Mitglieder der Bundesregierung und Fraktionsvorsitzende aus dem Parlament. Es ist kein bunter Reigen, aber eine ansehnliche Gruppe von Menschen, die aus unterschiedlichen Anlässen sich hier versammelt haben oder meine Gesprächspartner waren.


Also dieser Tisch könnte viel erzählen. Über dem Sofa, ich schaue mich mal um, hängt ein Gemälde: Heidelberg, der Sonnenuntergang in Heidelberg. Und das wichtigste Utensil ist natürlich neben Ihrem offiziellen Arbeitstisch die Standarte, also die Flagge mit dem Bundesadler.


  1. Welche Bedeutung hat die?


Sie hat für mich eine große Bedeutung.

Es ist immer wieder die Erinnerung daran, dass es erstens eine Ehre ist, Bundespräsident dieses wunderschönen Landes zu sein, und zweitens sich auch der Pflicht und der Verantwortung bewusst zu sein, die man in diesem Amt innehat. Daneben kann ich Ihnen sagen, dass die vielen Besucher und Besuchergruppen, die sich hier durchs Schloss führen lassen, gerne ein Foto von dieser Standarte mit nach Hause nehmen.


  1. Und müssen Sie die auch einpacken, wenn Sie kommende Woche Ihren Amtssitz nach Hessen verlegen?


Ich darf Ihnen verraten:

Wir haben zwei davon.


Aber eine kommt mit.


Eine kommt mit, ganz selbstverständlich.


Denn dies ist der Anlass für unser Gespräch. In der kommenden Woche wird unser Staatsoberhaupt drei Tage in Stadtallendorf residieren.

Darüber reden wir gleich zu Beginn mit Frank-Walter Steinmeier. Ortszeit Deutschland nennt sich eine Aktion des Bundespräsidenten. Dafür verlässt er das schicke Schloss Bellevue für drei Tage und verlegt seinen offiziellen Amtssitz in eine Kleinstadt irgendwo in Deutschland.

In Hessen war er mit dieser Aktion noch nie.


  1. Wie fiel Ihre Wahl auf Stadtallendorf?


Erstens, in der Tat ist es jetzt die 14. Ortszeit. Das 14. Mal, dass wir meinen Amtssitz von hier aus, von Berlin, in eine Region in Deutschland verlegen. Das erste Mal zu Recht, wie Sie sagen, in Hessen. Und viele Leute verstehen das gar nicht, stellen die Frage “Warum verlässt er dieses wunderbare Schloss?“ Ja, die Frage ist berechtigt. Ich bin ja auch gern hier. Aber das versteht man nur, wenn man weiß, dass die Idee der Ortszeit auf die Corona-Zeit zurückging. Damals eine Zeit, in der die Menschen ja nicht nur Angst davor hatten, angesteckt zu werden, infiziert zu werden, sondern das war ja eine Zeit, in der das gesellschaftliche Gespräch geradezu stillgelegt war. Es fanden keine Veranstaltungen statt, keine politischen, keine Sportveranstaltungen.

Das Gespräch mit der Nachbarschaft erstarb und selbst die Familien konnten nicht zueinander kommen. Das ist für eine Demokratie ein schwieriger Zustand, weil: Die Demokratie braucht den Dialog, braucht den Austausch. Und deshalb habe ich mich entschieden, um das Gespräch der Gesellschaft mit sich selbst wieder in Gang zu bringen, müssen wir etwas verändern. Wir gehen raus und zwar nicht nur, um irgendwo in Deutschland eine Rede zu halten, Limousine vorfahren zu lassen, nach der Rede wieder raus. Sondern: Wir nehmen uns die Zeit und kommen ins Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern und eben gerade dort, wohin das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit nicht jeden Tag fällt. Deshalb ist auch Stadtallendorf in die Auswahl gekommen. Auch deshalb, weil wir ja mit den Ortszeiten nicht auf der Suche nach den touristischen Hotspots in Deutschland sind. Sondern ich bin auf der Suche nach Orten und Regionen, die mich neugierig machen, wo sich etwas tut, wo Menschen anpacken, um ihre Kommune, ihren Ort zu gestalten und möglicherweise zu verändern. Und als wir im letzten Jahr diskutierten, wohin gehen wir in Hessen, fiel mir ein Artikel in die Hände, der schlicht und einfach beschrieb, dass in Stadtallendorf Dinge gelingen, die anderswo nicht gelingen, zum Beispiel bei der Integration von Eingewanderten. Und da habe ich gesagt:

Mensch, das lohnt sich, da schauen wir mal genauer hin. Nicht in der Erwartung, dass wir dort auf die heile Welt treffen, aber um zu erfahren: Was ist gelungen?

Was kann möglicherweise auch Vorbild für Städte in anderen ländlichen Regionen sein? Was fehlt? Was erwartet man von der Landes- und der Bundespolitik? Das hat mich neugierig gemacht und deshalb sind wir in Stadtallendorf.


Und dafür nehmen Sie sich sogar drei Tage Zeit. Das ist außergewöhnlich. Manch ein Staatsbesuch ist nicht so lang. Was sind so die Themen? Was ist Ihr Eindruck, was den Leuten besonders auf den Nägeln brennt im Augenblick? Ein Punkt ist ja zum Beispiel "Kaffeetafel kontrovers“ und das heißt schon, da kann man dann auch seine Meinung sagen.

Da kann man nicht nur, sondern mit dem Format ist das gewollt. Wir wollen ja keinen Einheitsbrei organisieren, sondern wir sagen bewusst, wenn wir einladen, wollen wir Menschen ganz unterschiedlicher Positionen am Tisch haben. Und das ist auch jedes Mal gewährleistet, da muss man sich gar keine besondere Mühe geben.

Das sind manchmal kleine Themen, da geht es um die Energieversorgung in einem Ort. Es sind die großen Themen, die wir vor allen Dingen bei Ortszeiten im Osten unseres Landes immer wieder diskutiert haben.

Die Frage von Krieg und Frieden: Wie stehen wir zu Russland, wie stehen wir zur Ukraine? Und auch umgehen mit Kritik an der militärischen Unterstützung, die wir gehört haben und die wir sehr, sehr ausgiebig diskutiert haben. Ich habe eigentlich noch nie erlebt, in einer dieser Runden, dass nach zwei, zweieinhalb, manchmal auch drei Stunden Diskussionen, dass jeder bei der Meinung geblieben ist, mit der er gekommen ist. Nicht jeder hat seine Meinung völlig verändert, aber ich glaube, viele am Tisch lernen in diesen Runden wieder, dass Demokratie eben heißt, auch mit dem Risiko zu leben, dass der andere Recht haben könnte. Dieses wieder zu erlernen, das ist ganz wichtig aus meiner Sicht.


Frank-Walter Steinmeier in hr1 – und wo genau man den Bundespräsidenten kommende Woche treffen kann in Stadtallendorf, darüber reden wir in der kommenden Stunde noch ausführlich. Viele Menschen haben keine so genaue Vorstellung von der Arbeit des Bundespräsidenten. Manche halten ihn für den Grüßaugust der Nation, der Staatsgäste empfängt, der Reden hält, Reisen machen darf. Das ist aber natürlich nur die eine Seite dieses Amtes. Wenn es ernst wird, muss der Bundespräsident auch in die Politik eingreifen können. Frank-Walter Steinmeier hat das sogar schon zweimal gemacht, zuletzt erst im Dezember, als er den Bundestag aufgelöst und Neuwahlen angeordnet hat. Hätten Sie auch sagen können, kommt gar nicht in die Tüte, regiert mal schön weiter? Wie groß ist Ihr Spielraum bei so einer Entscheidung?


Der Spielraum ist durch die Verfassung gelegt und das Amt des Bundespräsidenten in Deutschland ist durch das Grundgesetz vornehmlich repräsentativ ausgelegt. Das heißt, der Bundespräsident mischt sich nicht ein in die Tagespolitik. Er hat für das Bild Deutschlands im Ausland zu sorgen, Kontakte mit unseren Partnern und Freunden in der Welt zu pflegen und natürlich eine wichtige Rolle bei der Ausfertigung von Gesetzen. Daneben ist meine Wahrnehmung, mit der härter werdenden Auseinandersetzung, mit der größeren Schwierigkeit, eindeutige Mehrheiten zu finden, verändert sich auch so ein bisschen das Bild des Bundespräsidenten.

Es bleibt dabei, dass seine Rolle vornehmlich repräsentativ angelegt ist, aber ich habe es eben auch selbst erlebt und Sie haben die Beispiele genannt, dass der Bundespräsident auch manchmal gesucht wird, um schwierige Situationen zu entschärfen und Kompromisse in der Politik wieder möglich zu machen. Jenseits der Tagespolitik und nur in außergewöhnlichen Situationen, wie wir es 2017 erlebt haben, als kurz nach der Wahl keine regierungsfähige Mehrheit, keine neue Regierung zustande kam und es in der Tat drohte, dass wir kurz nach den Wahlen schon wieder Neuwahlen haben würden. Da habe ich in der Tat meine Auffassung öffentlich gemacht und gesagt: Wenn Mehrheiten möglich sind, dann darf sich derjenige, der sich um eine Mehrheit bewirbt, nicht wegdrücken vor der Verantwortung.


Nun haben wir jetzt wieder so eine Situation, wo wir nicht genau wissen, wie es weitergeht. Bis Ostern soll die neue Regierung stehen. Es wackelt noch arg, es könnte auch noch scheitern. Sie sind natürlich überparteilich, aber wie genau verfolgen Sie diesen Prozess?


Ich glaube, es wäre unverantwortlich, wenn ich diesen Prozess nicht verfolgen würde. Ich sitze nicht mit am Verhandlungstisch, aber soweit das möglich ist, informiere ich mich über die Verhandlungsstände. Und die Situation ist heute, das will ich gerne sagen, die ist anders als 2017. Wir haben zwei Parteien, die über eine Mehrheit im neuen Deutschen Bundestag verfügen und beide sagen, dass sie ihre Verantwortung erkennen. Insofern hoffe ich nicht nur, sondern ich gehe davon aus, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird, eine neue Regierungskoalition zu bilden.


In der kommenden Woche soll das Grundgesetz noch vom alten Bundestag geändert werden, obwohl der neue schon gewählt ist. Und das, um ein riesengroßes Schuldenpaket durchzuwinken. Bereitet Ihnen sowas Bauchschmerzen?


Das ist keine Frage der Bauchschmerzen, sondern der Präsident hat eine Rolle, wenn politische Entscheidungen in Gesetzesform fließen. Dann hat er zu prüfen, ob die Ausfertigung möglich ist. Und bei der Ausfertigung spielt natürlich eine Rolle, ob das Parlament, das entschieden hat, die Kompetenz, die Zuständigkeit

dazu hatte.

Und hier gilt zunächst einmal der Grundsatz, dass die Legislaturperiode erst endet, wenn ein neuer Bundestag in Kraft tritt. Bis dahin hat der bestehende Bundestag volle Rechte – auch die zur Gesetzgebung.


Als überparteiliches Staatsoberhaupt: Was ist Ihr Appell an die Parteien in dieser sensiblen Phase?


Die Menschen erwarten erstens, dass wir relativ schnell wieder eine stabile und vor allen Dingen handlungsfähige Regierung haben. Und ich füge hinzu: Darauf warten nicht nur die Menschen in Deutschland, sondern ganz Europa wartet darauf, dass Deutschland seine Handlungsfähigkeit wieder unter Beweis stellt. Politik ist ja nicht einfacher geworden, aber wir müssen uns daran erinnern, dass Politik vor allen Dingen eines ist, nämlich Problemlösen. Und das erwarten die Menschen von der Politik und jetzt mit hohem Anspruch von der zukünftigen Regierung. Deshalb hoffe ich, dass sich alle Beteiligten dieser Verantwortung bewusst sind.


hr1-Talk: Heute aus dem Amtszimmer des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Mein Name Uwe Berndt. Aber Sie wohnen ja nicht hier im Schloss Bellevue.


Ich wohne nicht mehr hier, auch deshalb, weil es hier gar keine Wohnung mehr gibt. Außerdem genieße ich die Distanz von meiner eigenen Wohnung zum Schloss.

Man hat ein wenig Gelegenheit, sich auf der Fahrt hierher vorzubereiten, beziehungsweise auf der Fahrt zurück auch ein bisschen Abstand zu gewinnen von den Themen des Tages. Es ist schon ganz gut gelöst, dass seitdem Präsident Rau mit seiner Ehefrau hier ausgezogen ist, die Räumlichkeiten umgebaut worden sind – zu Besprechungsräumen und anderen.

Seit der Präsidentschaft von Präsident Rau gibt es eine Residenz 20-25 Minuten entfernt von hier, wo der jeweilige Präsident mit seiner Familie wohnen kann.


Jetzt bin ich gespannt auf die präsidialen Musikwünsche. Wir spielen als erstes Joe Cocker für Sie mit "With a little help from my friends“. Was verbinden Sie mit diesem Song?


Ja, es ist nicht nur eine meiner ersten LPs, die ich gehabt habe, damals Woodstock, wo Joe Cocker aufgetreten ist. Sondern verstehen Sie es auch als einen kleinen Gruß auf die andere Seite des Atlantiks, als Erinnerung daran, dass hier noch Freunde leben.


Joe Cocker für Frank-Walter Steinmeier. [Musik-Einspieler]


Der hr1-Talk heute mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. In Hessen kennt er sich übrigens gut aus, denn er hat in Gießen studiert und in Frankfurt sein juristisches Referendariat gemacht. Was waren so Ihre studentischen Lieblingsorte in Gießen?


Ja, wir haben unsere Kneipe gehabt. Damals eine Kneipe, die es schon lange nicht mehr gibt, in der ich häufiger war. Eine kleine Kneipe namens "Quadratmeter“. Viel größer war sie auch nicht (lacht) oder "Die Brezel“ und "Der Bahndamm“. Aber ich habe mich in diesen 14 Jahren in Gießen sehr wohl gefühlt.

Für Juristen hatte die Universität damals einzigartige Studienbedingungen. Der Fachbereich Jura war wieder begründet worden als Formfachbereich. Es war ein Vorzeigebetrieb mit vielen Kleinveranstaltungen und nicht mehr mit den großen Frontalvorlesungen.

Ich habe viel gelernt in der Zeit und ich weiß bis heute, dass da viel Grund gelegt worden ist für das, was sich später in meinem Leben ereignet hat und ereignen konnte.


Sie haben auch an einer Zeitschrift mitgearbeitet als Student, die hieß "Demokratie und Recht“.

Die wurde sogar vom Verfassungsschutz beobachtet.

Waren Sie so links?


Die wurde vom Verfassungsschutz deshalb beobachtet, weil sie in einem Verlag erschienen ist, der "Pahl

Rugenstein“ hieß und der als Verlag vom

Verfassungsschutz beobachtet

wurde. Wir sind ja später

vom Verlag rausgeschmissen worden. Uns ist die Redaktion entzogen worden, weil wir offenbar nicht genügend auf der Linie des Verlages

waren. Also: Das Entscheidende war aber für mich, dass ich schon während des Studiums als wissenschaftliche Hilfskraft angefangen habe, fachwissenschaftlich zu arbeiten und zu publizieren. Das hat geschult für vieles, was später kam.


Mitgearbeitet hat damals auch Brigitte Zypries, die spätere Justizministerin. Also da kann man ja schmunzeln: Aus der linken Studentin wurde die Justizministerin und aus dem linken Studenten unser Bundespräsident.


Ich freue mich, dass ich Brigitte Zypries so relativ früh in meinem Studium kennengelernt habe.

Ich habe 1976 in Gießen angefangen und wir haben uns auch kurze Zeit später kennengelernt und wir sind uns immer wieder begegnet. Auf unseren etwas unterschiedlichen Lebenswegen.

Später dann, sehr viel später in Hannover und dann wieder in Berlin. Ich freue mich, dass wir bis heute Kontakt haben und uns freundschaftlich verbunden sind.


Es gibt ja diesen blöden Spruch: Wer in seiner Jugend nicht links ist, der hat kein Herz und wer in seinem Alter immer noch links ist, der hat keinen Verstand. Ist da vielleicht sogar ein bisschen was dran?


Ach, ich weiß nicht, das müssen andere bewerten, wie überhaupt die Kategorien von links und rechts sich im Augenblick deutlich verschoben haben.


Angenommen, der Student Frank-Walter Steinmeier aus den 70ern säße jetzt hier am Tisch und würde sich unterhalten mit dem Bundespräsidenten Steinmeier. Was würde er ihm sagen?


Ich weiß überhaupt nicht, ob der junge Student der Mitte der 70er Jahre sich mutig genug fühlte, um dem Präsidenten etwas zu sagen. Aber setzen wir mal voraus, dann würde er vielleicht gegenüber dem Bundespräsidenten den Wunsch äußern, dass mit all den Gefährdungen, unter denen wir leben, mit den Anfechtungen,

die wir gegenüber unserer eigenen

Demokratie, aber auch in unseren europäischen Nachbarstaaten erfahren, dass wir uns vor allen Dingen dafür engagieren, dass diese Demokratie erhalten bleibt und wissend, dass sie nicht vom Himmel gefallen ist, dass sie nicht auf ewig garantiert ist, dafür zu sorgen, dass sich Menschen immer wieder für sie engagieren.


Frank-Walter Steinmeier über seine Studienzeit in Gießen. – Das Schloss Bellevue ist ein würdevoller Ort. Dieses Amtszimmer hier repräsentiert unseren Staat, genauso wie das Oval Office in Washington die USA repräsentiert. Herr Bundespräsident, über diese Szene hat die ganze Welt den Kopf geschüttelt: Donald Trump demütigt im Oval Office Wolodymyr Selensky. Der US-Präsident behandelt einen anderen Präsidenten wie ein kleines Kind. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das gesehen haben?


Ich habe nicht den Kopf geschüttelt, sondern ich war wirklich erschüttert, weil: Wer ein bisschen Erfahrung in der internationalen Politik hat, der weiß, wenn man sein Gegenüber vor der großen Weltöffentlichkeit in dieser Art und Weise demütigt, dann muss Diplomatie scheitern. Und das ist das, was mich am meisten besorgt. Dass jetzt versucht wird,

Selensky nicht nur zu einem Unterwerfungsfrieden zu bringen, sondern möglicherweise auch den Fortbestand einer unabhängigen, einer sicheren Ukraine langfristig zu gefährden.

Jeder ist für Frieden, am stärksten und am meisten die Ukrainerinnen und Ukrainer selbst. Aber er muss zu Bedingungen geschlossen werden, der die Ukraine überlebensfähig und souverän hält.

Und deshalb bin ich sehr dafür, dass diplomatische Bemühungen, wie sie jetzt stattfinden, fortgesetzt werden.


Ich hoffe darauf, dass das, was jetzt begonnen hat in Dschidda in einen Waffenstillstand einmündet. Aber es müssen am Ende auch faire Bedingungen für die Ukrainerinnen und Ukrainer da sein und am Ende auch die Gewährleistung für Sicherheit für die Ukraine. Das ist nicht hinzukriegen mit solchen Veranstaltungen, wie wir sie bedauerlicherweise im Oval Office gesehen haben.


Sind die USA, so wie wir sie jetzt erleben, noch unser Partner?


Die Partnerschaft bezieht sich auf ein Land, und ich weiß, dass Europa und auch Deutschland nach wie vor viele Freunde in den USA haben. Und deshalb würde ich sagen, wir nehmen zurzeit zur Kenntnis, dass die USA Signale setzt, sich von Europa abzuwenden. Sie suchen nach Distanz, sie denken über die amerikanischen Beiträge für die NATO nach. Das alles verändert auch die Rolle Europas. Aber wir sollten von uns aus kein Interesse daran haben, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Wir setzen darauf, dass transatlantische Partnerschaft auch wieder wachsen kann in Zukunft, vielleicht nicht innerhalb der nächsten Jahre, aber in fernerer Zukunft wieder wachsen kann.

Bis dahin muss uns klar sein, dass die Entscheidungen, die jetzt in den USA getroffen werden, uns in Europa zu etwas zwingen, was wir lange Zeit nicht wahrhaben wollten, dass wir für unsere eigene Stärke, auch militärische Stärke sorgen müssen. Und wahrgenommen und ernst genommen werden wir nur, wenn wir neben militärischer Stärke in der Tat auch ökonomische Stärke haben. Dann, glaube ich, muss uns über die Zukunft Europas nicht bange sein. Das wird alles nicht über Nacht geschehen, aber wir müssen jetzt die richtigen Grundentscheidungen treffen. Und ich bin sehr froh darüber, dass das im politischen Berlin doch von vielen erkannt ist und richtige Schritte mindestens auf dem Weg sind.


Diese Szene im Oval Office, die zeigt vielleicht noch was anderes. Diplomatische Gepflogenheiten werden ja auch gerne mal belächelt als Protokoll-Klimbim. Offensichtlich ist das mehr. Wie wichtig ist die Diplomatie für den Zusammenhalt der Welt?


Da fragen Sie ja nicht nur einen Bundespräsidenten, sondern auch einen ehemaligen Außenminister, der die Diplomatie nicht als schönes Beiwerk begriffen hat, sondern sie für notwendig hält.

Und deshalb sage ich: Uns muss gewiss sein, dass allein Diplomatie die Welt nicht zum Positiven verändern kann. Sie muss gegründet sein auf eigene Stärke. Dafür müssen wir jetzt viel mehr tun. Aber es muss uns ebenso ins Bewusstsein geraten, dass wir mit denjenigen, die uns in der Welt als Partner noch zur Verfügung stehen, dass wir mit denen dafür sorgen müssen, dass nicht das Trumpsche Prinzip der Regellosigkeit die Zukunft der internationalen Beziehungen beherrscht, sondern dass wir mit denen, die unsere Partner sind, dafür sorgen, dass Regeln, nach denen wir uns gemeinsam orientieren, erhalten bleiben. Dazu gehört das Völkerrecht, dazu gehört die Charta der Vereinten Nationen, dazu gehört auch die Grundregel des freien Welthandels und die WTO. Und ich kann Ihnen jetzt gerade nach meiner Rückkehr aus Südamerika – Uruguay, Paraguay und Chile – sagen: Es gibt diese Partner, die in die gleiche Richtung denken wie wir. Es gibt sie nicht nur in Europa.


Der hr1-Talk heute aus dem Schloss Bellevue in Berlin auf Einladung unseres Staatsoberhauptes, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Wenn ich hier am Schloss vorbeikomme, ehrlich gesagt, denke ich oft noch an Herrn Herkeling, der hier mal, …


Ich glaube, er auch … (lacht).


… der verkleidet als Königin Beatrix hier vorgefahren ist, lecker essen gehen wollte. Das war lange vor Ihrer Zeit. Konnten Sie darüber lachen?



Ich konnte nicht nur darüber lachen, ich habe damals drüber gelacht und ich habe auch mit ihm gemeinsam darüber gelacht. Ich kenne ihn ein bisschen und wir haben diese Szenerie oft miteinander besprochen und ausgetauscht. Man darf nicht über alles lachen, weil: Das hat natürlich hier im Schloss damals auch große Diskussionen ausgelöst.


Die Sicherheit, ja.


Ja, die Sicherheit.


Und was wäre passiert, wenn die echte Königin gekommen wäre? Wenn die sich getroffen hätten?


Die Konkurrenz, glaube ich, wäre schnell aufgelöst gewesen. (lacht)


Heute wäre das undenkbar, wegen der unglaublich hohen Sicherheitsvorkehrungen.



Ich glaube, es war nicht der einzige Fall. Wir haben danach, glaube ich, ernsthaftere Fälle weltweit erlebt, die dann zur Steigerung der Sicherheitsanforderungen geführt haben. Und ich hoffe sehr, dass es vergleichbare Fälle deshalb heute nicht wieder geben würde. Die Polizeibeamten an der Pforte passen jedenfalls sehr genau auf.


Das habe ich erlebt. Gleich wird unser Bundespräsident noch private Einblicke gewähren. Dabei hilft uns natürlich wie immer der HR1-Fragebogen. Nun wird auch der beliebte hr1-Fragebogen geadelt, der noch nie hat in unser Staatsoberhaupt ausgefüllt. Mein schönstes Privileg als Bundespräsident ist, …


…, dass ich Bundespräsident sein kann nach einer politischen Laufbahn, die mich Parteipolitik hat berühren lassen – Außenpolitik, Innenpolitik –, und ich hier auch so etwas wie die Summe meiner Erfahrungen ziehen kann.


Ein halbes Pfund Butter kostet ungefähr …


… 2,30 Euro im Discounter, drei Euro beim Bio.



Von meiner Tochter habe ich gelernt, …


… immer neugierig zu bleiben. Sie ist in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ist damit eher auf Ihrer Seite, die Fragen zu stellen und die stellt sie mir.


Mein Lieblingsessen …


Leider ganz viele. Ein Sammelbegriff würde ich sagen, schon häufig italienische Pasta.


Zuletzt geklaut habe ich …


Gar nicht.


Am meisten auf die Palme bringt mich …


Uneinsichtigkeit und Unvernunft.


Das Schwierige an der Demokratie ist, …


…, dass man aushalten muss, dass andere Recht haben.


Bereut habe ich, …


…, dass ich während meiner aktiven politischen Phase, vor allen Dingen damals als Chef des Kanzleramtes, wenig Zeit für meine Tochter hatte, die sie vorhin schon angesprochen haben. Zu wenig Zeit hatte.


Ich würde gerne mal einen Abend verbringen mit ...


Hape Kerkeling ist immer ein Vergnügen.


Der 24. August ist für mich...


Der 24. August ist ein kleiner Feiertag für uns in der Familie, weil meine Frau an dem Tag transplantiert worden ist. Jetzt schon vor 15 Jahren.


Und Sie haben ihr die Niere gespendet?


Ja.


Der Glaube?


Gibt mir nach wie vor Orientierung.


Meine letzte Zigarette war ...


… Jahre her. Ich habe Gott sei Dank, nachdem ich bestimmt zwei oder dreimal erfolgreich aufgehört habe, ebenso erfolgreich wieder angefangen. Aber inzwischen bin ich es Gott sei Dank los.


In meinem Bücherregal unten rechts steht ...


Sie stellen sich mein Bücherregal zu klein vor (lacht). Es geht einmal um drei Ecken in der Bibliothek drumherum und unten rechts steht in der Tat noch der Rest meiner juristischen Literatur.


Der hr1-Fragebogen ausgefüllt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Vielen Dank. Der Bundespräsident repräsentiert unser Land in guten wie in schlechten Zeiten. Er empfängt Staatsgäste, aber er ist eben auch gefragt, wenn schreckliche Dinge passieren. Und davon hatten wir in den letzten Monaten leider mehr als genug. Es gab viele Anschläge mit Toten und Verletzten. Fällt es Ihnen manchmal schwer, Trost zu spenden?


Weil ich gerade erst zurückgekommen bin aus Hanau, wo wir erinnert haben an die furchtbaren Morde vor fünf Jahren, erinnere ich mich an den Tag nach den Morden, als ich gemeinsam mit dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten bei und mit den Angehörigen gesessen habe. Der Oberbürgermeister der Stadt Hanau war dabei. Und es gibt Situationen, wo man keinen Trost spenden kann, wenn der Schmerz so groß ist, dass die Trauer noch nicht einmal Einkehr halten kann. Das sind Situationen, wo es manchmal besser ist, man weint gemeinsam mit den Angehörigen und das war so eine Situation, wo niemand Tränen zurückhalten konnte. Eine Situation, wie sie in den letzten Jahren leider zu häufig vorgekommen ist – wenn ich an Halle, an Mannheim, an Solingen, an Magdeburg, an Aschaffenburg denke.


Wie kann man in solchen Augenblicken Zuversicht geben?


In solchen Augenblicken darf man überhaupt nicht den Satz sagen "Und ab jetzt schauen wir wieder nach vorne". Sondern das sind Situationen, von einer Sekunde auf die andere ist nichts mehr, wie es war für die Menschen, die zurückgeblieben sind, die ihre Angehörigen verloren haben. Und deshalb darf man hohle Formeln, wie "Wir schauen jetzt nach vorne" überhaupt nicht gebrauchen. Sondern man braucht eine Sprache, mit der man sich in die Situationen der Menschen möglichst weit hineinfühlt, ohne je so zu empfinden wie diejenigen, die gerade ihren Liebsten verloren haben. Aber die anteilnehmende Sprache ist wichtiger als der unrealistische Blick nach vorne, der in einer solchen Situation gar nicht entstehen kann.


Heute sind wir zu Gast im Amtszimmer des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Ich bin Uwe Berndt und ich habe Ihnen auch noch etwas mitgebracht aus Ihrer Studienzeit in Gießen. Wir haben gerade darüber gesprochen. Wir hatten sie schon erwähnt: Brigitte Zypries, mit der Sie zusammen studiert haben. Und die hat uns tatsächlich ein Grußwort geschickt. Das möchte ich Ihnen mal gerne vorspielen.


Brigitte Zypries: Lieber Frank, Deine Ortszeit diesmal hat Dich nach Stadtallendorf geführt. Eine Stadt, die nur knappe 50 Kilometer entfernt liegt von unserem gemeinsamen Studienort – von Gießen. Ich war während meiner Zeit in Gießen kein einziges Mal in Stadtallendorf. Aber ich habe mich natürlich jetzt mit der Stadt beschäftigt und festgestellt, dass wir eigentlich 1977 von Stadtallendorf was hätten merken sollen, als aufmerksame Leser des Gießener Anzeigers. Am 01.01.1967 wurde nämlich Allendorf erst zu Stadtallendorf. Und das stand damals bestimmt in unserer Zeitung. Gelernt habe ich auch, dass es ein Museum gibt über die Geschichte der Zwangsarbeit in den Sprengstoffwerken Allendorf. Und das klang für mich so interessant, dass ich mir vorgenommen habe, wenn ich das nächste Mal in Südhessen bin, dass ich dann auch mal einen Abstecher mache nach Stadtallendorf. Dir wenigstens wünsche ich jetzt spannende, interessante, sicher auch anstrengende Tage mit guten Gesprächen. Ich bin gespannt, was Du bei Gelegenheit berichten wirst. Bis dann, Brigitte.


Aus Kasseler Perspektive ist Stadtallendorf dann schon Südhessen.


Der Streit geht ja eher um die Frage: Mittelhessen oder Oberhessen? Genau. Ich glaub, es ist Oberhessen.


Für mich ist es Mittelhessen, Stadtallendorf, oder?


Ich weiß nicht, ob die Grenzziehungen eigentlich jemals geklärt worden sind.


Haben Sie damals als Student auch Stadtallendorf links liegen lassen? Klar, man war auf seinen Studienort fixiert.


Ich habe mich selbst gefragt und natürlich bin ich häufig in Marburg gewesen. Ich bin auch noch näher dran gewesen an Stadtallendorf sicherlich: in Rauischholzhausen. Rauischholzhausen war ein Teil der Universität Gießen. Hatte dort landwirtschaftliche Versuchsflächen. Einmal im Jahr fand dort ein Universitätsfest statt. Das war schon nah dran an Stadtallendorf. Noch näher dran ist, glaube ich, Amöneburg. Da bin ich auch ein-, zweimal gewesen. Aber in Stadtallendorf selbst meines Wissens nicht.


Wie kommen wir jetzt von Stadtallendorf nach Kuba? Sie haben sich kubanische Musik gewünscht.


Das hängt schlicht und einfach damit zusammen, dass ich gerade aus Südamerika zurückkomme, von Besuchen in Uruguay, Paraguay und Chile, viel lateinamerikanische und südamerikanische Musik gehört und mich dann an den Buena Vista Social Club erinnert habe.


Und den hören wir jetzt. "Chan Chan“ für Frank-Walter Steinmeier. [Einspieler Musik]


Der Bundespräsident packt seine Standarte ein. In der kommenden Woche verlegt er seinen offiziellen Amtssitz für drei Tage nach Stadtallendorf. Er wird sich dort nicht langweilen. Er will mit den Hessen in Kontakt kommen. Er will mit ihnen diskutieren. Wo kann man Sie überall treffen in Stadtallendorf?


Wir fangen an, wie üblich bei diesen Ortszeiten, mit einem Gespräch mit der Kommunalpolitik, natürlich dort im Rathaus. Wir haben eingeladen zu einem runden Tisch – Kaffeetafel kontrovers –, wo wir die Frage "Migration und Zuwanderung: Wie geht das in Stadtallendorf?" diskutieren werden. Aber nicht nur bei solchen formalen Diskussionen werden wir uns begegnen, sondern wir haben tiefen Einblick in das Sport- und Vereinsleben der Stadt. Wir treffen Jugendliche, wir machen Betriebsbesichtigungen und reden dort mit Geschäftsführern, Betriebsräten, mit Auszubildenden; gehen in der Stadt auch in die Geschäfte und reden auf der Straße mit den Leuten. Also es besteht ganz viel Gelegenheit, uns erstens zu treffen, aber noch wichtiger für mich, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.


Und Sie werden auch eine Boxschule besuchen. Was ist das Besondere an dieser Boxschule?


Nachdem, was ich gelesen habe, ist diese Boxschule ja ein Instrument oder eine Möglichkeit zur Integration von Jugendlichen. Und offenbar wird das in der Stadt auch mit Zufriedenheit beobachtet, wie es gelingt, gerade in dieser Boxschule, Jugendliche, die zugewandert sind, in die Gesellschaft zu integrieren. Das werde ich mir einfach mal anschauen. Wie gesagt, wir kommen ja nicht in der Erwartung, dass alles das, was über gelingende Integration in Stadtallendorf geschrieben worden ist, eins zu eins stimmt. Sondern wir sind neugierig, wie viel davon wahr geworden ist und wo möglicherweise auch Defizite sind. Das eine oder andere ist uns auch aus den Schulen schon schriftlich zugegangen: Lehrern, die gesagt haben, wir brauchten eigentlich noch eine bessere Ausstattung, um erfolgreiche Integrationsarbeit zu schaffen.


Wie schwer ist es eigentlich in diesen Zeiten wirklich mit dem Volk ins Gespräch zu kommen, wo Sie doch quasi Tag und Nacht von Sicherheitskräften umzingelt sein müssen? Natürlich ist der Bundespräsident eine gefährdete Person und muss beschützt werden, aber dann können Sie ja schlecht auf die Marktfrau zugehen. Wie machen Sie das dann tatsächlich?


Ja, da haben wir ehrlich gesagt, Herr Berndt, da haben wir auch gelernt. Wir sind bei der ersten Ortszeit auch in der üblichen Aufstellung losgezogen und haben gemerkt, das erzeugt eine zu hohe Schwelle für die Bürgerinnen und Bürger, auf uns zuzugehen. Wir haben dann flexiblere Modelle mit den Sicherheitsbeamten, mit der Polizei diskutiert und das funktioniert, werden Sie auch in Stadtallendorf sehen, das funktioniert inzwischen ganz gut. Und so kommt das zustande, woran Sie eben Zweifel hatten, ob es zustande kommt, das Gespräch mit der Marktfrau oder denjenigen, die in den Geschäften einkaufen oder denjenigen, denen wir in Sportveranstaltungen begegnen. Das funktioniert ganz gut. Und ehrlich gesagt, unsere Anwesenheit ist sehr selten auf Ablehnung gestoßen. Es gab von Extremisten organisierte kleinere Demonstrationen und Proteste, die wir auch mal erlebt haben in zwei, glaube ich, der Ortszeiten, wenn ich richtig zurückdenke. Aber im Grunde genommen bestätigt sich nicht dieses Übermaß an Ablehnung von Politik, von dem ich immer lese. Die Menschen sind eigentlich nach wie vor ganz froh, wenn sie dem Bundespräsidenten begegnen, wenn sie ihm Fragen stellen können und er vielleicht im Zweifel sogar Antworten hat.


Das können wir dann erleben, nächste Woche in Stadtallendorf: Frank-Walter Steinmeier. Genau zwei Jahre noch wird Frank-Walter Steinmeier unser Staatsoberhaupt sein, dann hat er seine zweite Amtszeit erfüllt. Das ist ja schon noch mal eine Zeit, die absehbar ist, aber wo man einiges auch noch anstoßen kann. Also was steht bei Ihnen denn so auf Ihrer To-Do-Liste? Was wollen Sie in Ihrer Amtszeit noch machen?


Also es sind drei Dinge, um die ich mich im Augenblick aktuell kümmere und die nicht morgen oder übermorgen vorbei sein werden. Sie nehmen zur Kenntnis, ich habe mich intensiv bemüht, das Thema "Aufarbeitung der Corona-Zeit“ nochmal ins Visier zu nehmen. Ehrlich gesagt nicht, weil ich Großes vorzuwerfen hätte. Zweitens auch, weil ich überhaupt nicht empfehlen kann, jetzt nach Sündenböcken oder Schuldigen zu suchen, sondern weil es uns doppelt helfen könnte. Weil erstens die Demokratie zeigen könnte, wir sind in Deutschland besser durch die Pandemie gekommen als andere. Und zweitens, da wo wir besser werden könnten, können wir ja auch lernen. Und beide Dinge sind so wichtig, dass ich eigentlich dem neuen Bundestag nur empfehlen kann, sich der Aufarbeitung tatsächlich zu widmen. Das Zweite ist das Thema "Handlungsfähigkeit des Staates“. Ich glaube, da gibt es eine Riesenerwartung, dass sich bei der langen, langen Diskussion, die wir über Entbürokratisierung haben, endlich etwas verändert. Und es geht natürlich nicht nur im engeren Sinne um Entbürokratisierung – kürzere und verständlichere Formulare etwa –, sondern es geht natürlich auch darum, dass wir unsere Verwaltung stärker digitalisieren, um mehr Menschen zur Verfügung zu haben, die auch tatsächlich für Beratungsaufgaben zur Verfügung stehen.


Da haben Sie ja die Schirmherrschaft übernommen für eine Gruppe, die das durchdenkt. Aber das sind auch so Dinge, die wir schon seit Jahren hören. Und man fragt sich, warum ist dieses Land so schwerfällig eigentlich? Natürlich ist niemand für Bürokratie in Deutschland.


Niemand ist für Bürokratie, aber sie wächst relativ selbstständig ...


Warum ist das so bei uns?


… und ab und zu muss man halt darüber nachdenken, wo man Schnitte machen kann. Ich sage ja immer, lasst uns zurückdenken an die Krisen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten überwunden haben. Lasst uns nicht lamentieren über das, was ist, sondern lasst uns daran erinnern, dass wir unsere Kraft zu Reformen auch immer wieder gefunden haben. Deshalb: Nicht durch Kleinmut und Hader und Selbstzweifel gewinnen wir die Zukunft, sondern indem wir uns auf unsere Stärken besinnen und nach vorne schauen.


Von den Bundespräsidenten bleibt oft so eine Kernbotschaft übrig, also "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen", "Der Islam gehört zu Deutschland": Was würden Sie sich wünschen? Welcher Satz sollte von Ihrer Präsidentschaft bleiben?


Ich habe ja vorhin auf meine etwas längere Biographie verwiesen und habe gelernt: Die Deutschen mögen Ruck-Reden, aber sie mögen den Ruck nicht.


Ja, genau.


Das habe ich dann bitter erfahren müssen nach der sogenannten Agenda 2010. Deshalb würde ich mir wünschen, dass nicht ein Satz in Erinnerung bleibt, sondern dass die Ernsthaftigkeit meines Engagements um die Demokratie in diesem Lande erhalten bleibt und dass ich dieses auf vielfältige Art und Weise unterlege.


Die Bundesversammlung wird in zwei Jahren Ihren Nachfolger wählen. Bis dahin ist noch Zeit. Natürlich werden Sie keinen Vorschlag machen, aber wäre es nicht langsam Zeit mal für eine Frau in diesem Amt?


Ja, ich wollte Sie gerade schon korrigieren, als Sie Nachfolger gesagt haben. Ich glaube, wir müssen davon ausgehen, dass es den starken Wunsch nach einer Nachfolgerin geben wird. Aber Sie haben recht, ich werde dazu keine Empfehlungen machen. Das wird die nächste Bundesversammlung sein.


Aber vielleicht können wir, zum Schluss sozusagen, noch die Stellenausschreibung für Ihren Job formulieren. Also was sollte da drinstehen? BundespräsidentIn, männlich, weiblich, divers, sollte mitbringen …


… nicht nur Lebenserfahrung, sondern – nach meiner Auffassung – auch ein bisschen politische Erfahrung und Neugier auf das, was sich um unser Land herum tut.


Herr Bundespräsident, vielen Dank für das Gespräch, vielen Dank für den Besuch im hr1-Talk. Am Schluss ist es bei uns üblich, dass der Gast eine Klitzekleinigkeit auswendig aufsagt.


Ein Grundsatz, den ich jungen Menschen, auch Besuchergruppen immer wieder sage, die mich dann fragen "Herr Steinmeier, Sie sind Bundespräsident geworden. Sie haben dies oder das vorher gemacht. Wie plant man eine solche Karriere?" Und meine Antwort ist immer, indem man sie nicht plant. Denn das Leben ist am Ende das, was sich ungeplant ereignet.


Ein schöner Satz zum Schluss dieses Gesprächs. Damit gehen wir in den Sonntag. Vielen Dank für das Gespräch! Mein Name ist Uwe Berndt. Wir beide wünschen einen schönen Sonntag. Tschüss.


Danke.




Interview with HR1 on local time in Stadtallendorf

March 16, 2025


Federal President Steinmeier spoke with HR1 about his upcoming local time in Hesse. From March 18 to 20, 2025, he will be moving his official residence to Stadtallendorf for three days.


Interview with HR1


Today, our little radio show is being honored, because we are not in the studio, but are guests at Bellevue Palace in Berlin, in the official office of Federal President Frank-Walter Steinmeier.

Thank you very much for the invitation.


Dear Mr. Berndt, welcome to the heart of Berlin, here at Bellevue Palace.


And this is a historic place. You usually receive your state guests in this seating area. Some of the conversations at this table may one day find their way into history books.



With whom have you sat and talked here?


Many presidents, heads of state, kings, and queens have sat here, but also, in difficult times, members of the federal government and parliamentary group

leaders.

It's not a colorful

array, but a respectable group of people who have gathered here for various occasions or who have been my conversation

partners.




So this table could tell a lot. Above the sofa, I look around, there's a painting:

Heidelberg, Sunset in Heidelberg.

And the

most important item, of course, besides your official desk, is the standard,

the flag with the federal eagle.


What significance does it have?

It has great significance for me. It's a constant reminder that, firstly,

it is an honor to be the Federal President of this beautiful country, and secondly,

to be aware of the duty and responsibility that come with this office.

I can also tell you that the many visitors and groups of visitors who take a guided tour of the palace are happy to take a photo of this standard home

with them.




And do you also have to pack it when you move to your official residence in Hesse next week?



I can tell you:

We have two of them.


But one is coming with us.


One is coming with us, quite naturally.


Because this is the reason for our conversation. Next

week, our head of state will be residing

in Stadtallendorf for three days.

We'll discuss this right at the beginning with Frank-Walter Steinmeier. "Germany Local Time" is the name given to an action by the Federal President. For this, he is leaving the chic Bellevue Palace for three days and moving his official residence to a small town somewhere in Germany.

He has never been to Hesse with this action before.


How did you choose Stadtallendorf?


First of all, it is indeed the 14th time local time. The 14th time that we have moved my official residence from here, from Berlin, to a region in Germany. The first time, quite rightly, as you say, in Hesse. And many people don't understand that at all, asking, "Why is he leaving this wonderful

castle?" Yes, it's a legitimate question. I like being here, too. But you only understand that if you know that the idea of ​​local time dates back to the Corona era.

Back then, a time when people weren't just afraid of being infected, of being infected, but a time when social conversation was virtually at a standstill.


No events took place, no political events, no sporting events.


Conversation with neighbors died down, and even families couldn't get together. That's a difficult situation for a democracy

because:

Democracy needs

dialogue, needs exchange. And that's why I've decided that in order to get society's conversation with itself going again, we have to change something.

We're going out, and not just to give a speech somewhere in Germany,

have a limousine arrive, and then leave again after the speech. Rather,

we take the time and engage in dialogue with the citizens, particularly in places where the public spotlight doesn't shine every day.


That's why

Stadtallendorf was

selected. Also because,

with the local times, we're not looking for tourist hotspots in Germany.

Rather, I'm

looking for places and regions that arouse my curiosity, where things are happening, where people are getting to work to shape and potentially change their community,

their place.

And last year, when we were discussing where we should go in Hesse, I came across an article that simply described how things are succeeding in Stadtallendorf that aren't succeeding elsewhere, for example, in the integration of immigrants.

And then

I said:

Man, that's worth it! Let's take a closer look.

Not with the expectation that we'll find a perfect world there, but to find out:

What has been achieved?

What could potentially serve as a model for cities in other rural regions?

What's missing? What is expected of state and federal policy? That piqued my curiosity, and that's why we're in

Stadtallendorf.


And you're even taking three days for this. That's extraordinary. Some state visits aren't that long.

What are the topics? What's your impression of what's particularly pressing for people at the moment? One topic, for example, is "Controversial Coffee Table," and that certainly means you can express your opinion.


Not only can you, but the format is intended

to do so. We don't want to organize a one-size-fits-all approach; we consciously say that when we invite people, we want to have people from very different perspectives at the table.

And that's guaranteed every time; you don't have to make any special

effort.

These are sometimes small issues, such as the energy supply in a particular location. These are the big issues that we have repeatedly discussed, especially at local time in the east of our country.

The question of war and peace: What is our position on Russia, what is our position on Ukraine? And also how to deal with criticism of military support, which we have heard and which we have discussed very, very extensively. I have actually never experienced, in one of these rounds, that after two, two and a half, sometimes even three hours of discussion, everyone has stuck to the opinion they came with.

Not everyone has completely changed their mind, but I believe that many people at the table are learning again in these rounds that democracy means living with the risk that the other person might be right.

Relearning this is very important in my view.


Frank-Walter Steinmeier on hr1 – and where exactly you can meet the Federal President next week in Stadtallendorf – we will talk about this in more detail in the next hour. Many people don't have a very clear idea of ​​the work of the Federal President. Some consider him the nation's welcome figure, receiving state guests, giving speeches,

and being allowed to travel. But that,

of course, is only one side of this office. When things get serious, the Federal President must also be able to intervene in politics. Frank-Walter Steinmeier has even done so twice,

most recently in

December, when he dissolved the Bundestag and ordered new elections.

Could you have also said, "That's out of the question, just keep governing?"

How much leeway do you have in such

a decision?


The leeway is laid down by the constitution, and the office of the Federal President in Germany is primarily defined by the Basic Law as representative. This means that the Federal President does not interfere in day-to-day politics. He is responsible for shaping Germany's image abroad, maintaining contacts with our partners and friends around the world, and, of course, playing an important role in the enactment

of laws.

In addition,

my perception is that as the debate becomes more intense and it becomes more difficult to find clear majorities, the image of the Federal President is also changing somewhat.

It remains the case that his role is primarily representative, but I have also experienced it myself, and you have cited examples, that the Federal President is sometimes sought to defuse difficult situations and make compromises in politics possible again.



Beyond day-to-day politics, and only in exceptional situations, as we experienced in 2017, when shortly after the election, no governing majority, no new government, emerged, and there was a real threat that we would have new elections shortly after the elections.


I did indeed make my opinion public and said:

If majorities are possible, then the party

seeking a majority must not shirk their

responsibility.


Now we have another situation where we don't know exactly what will happen next. The new government is supposed to be in place by Easter. It's still very shaky, and it could even fail. You are, of course, non-partisan, but how closely are you following this process?


I think it would be irresponsible if I didn't follow this process.

I'm not sitting at the negotiating table, but as far as possible, I keep myself informed about the status of the negotiations. And the situation today, I'd like to say, is different from

2017. We have two parties that command a majority in the new German

Bundestag,

and both say they recognize their responsibility.

In this respect, I not only hope, but I assume, that we will succeed in forming a new governing

coalition in the foreseeable future.


Next week, the old Bundestag is supposed to amend the Basic Law, even though the new one has already been elected. And all this to push through a massive debt package.

Does something

like that give you a headache?


It's not a question of headaches, but the President has a role to play when political decisions are translated into law.

Then

he has to examine whether the law can be signed into law. And when it comes to signing the law, it naturally plays a role whether the parliament that made the decision had the authority and the competence to do so. And here, first and foremost, the principle applies that the legislative period only ends when a new Bundestag comes into force. Until then, the existing Bundestag has full powers – including the right to legislate.


As a non-partisan head of state: What is your appeal to the parties during this sensitive phase?


First, people expect that we will have a stable and, above all,

effective government again relatively quickly.

And I would add:

Not only the people of Germany are waiting for this, but all of Europe is waiting for Germany to once again demonstrate

its ability to act.

Politics hasn't become any easier, but we must remember that politics is, above all,

problem-solving.

And that's what people expect from politicians, and now, with high expectations, from the future government. Therefore, I hope everyone involved is aware of this responsibility.


hr1 Talk: Today from the office of Federal President Frank-Walter Steinmeier. My name is Uwe Berndt. But you don't live here at Bellevue Palace.



I don't live here anymore, partly because there's no longer any apartment here.

I also enjoy the distance from my own apartment to the palace.

You have a bit of an opportunity to prepare on the drive here, or on the drive back, to gain a bit of distance from the issues of the day.



It's a very good

solution that since

President Rau and his wife moved out,

the premises have been converted into meeting rooms

and other facilities.

Since President Rau's presidency, there has been a residence 20-25 minutes away from here, where the president can stay with his family.


Now I'm curious about the presidential music requests. We'll first play Joe Cocker for you with "With a Little Help from My Friends."

What do you associate with this song?


Yes, it's not only one of my first LPs,

back at Woodstock, where Joe Cocker performed.

But also consider it a

little greeting

to the other side of the Atlantic, a reminder that friends still

live here.


Joe Cocker for Frank-Walter Steinmeier. [Music clip]


Today's hr1 talk show with Federal President Frank-Walter Steinmeier. By the way, he knows Hesse well, as he studied in Giessen and completed his legal traineeship in Frankfurt.

What were your favorite student spots in

Giessen?


Yes, we had our pub.

Back then, a pub that hasn't existed for a long time,

but which I frequented often. A small pub called "Quadratmeter." It wasn't much bigger either (laughs), or "Die Brezel" and "Der Bahndamm." But I felt very comfortable in Giessen during those 14 years.

For lawyers,

the university offered

unique study conditions at the time. The

law department had been re-established as a formal department. It was a model operation with many

small events and

no longer with large,

frontal lectures.

I learned a lot during that time, and I know to this day that much of the foundation was laid there for what happened and

could happen later

in my life.


You also worked on a magazine as a student called "Democracy and Law." It was even monitored by the Federal Office for the Protection of the Constitution.

Were you that left-wing?


It was monitored by the Federal Office for the Protection of the Constitution because it was published by a publishing house called "Pahl Rugenstein," which, as a publisher, was monitored by the Federal Office for the Protection of the Constitution. We were later fired by the publishing house. We were stripped of our editorial positions because we apparently weren't sufficiently aligned with the publisher's line. So, the decisive factor for me was that I began working on academic research and publishing

while still a student as a research assistant.

This trained me for much of what came

later.


Brigitte Zypries, the future Minister of Justice, also worked with me at the time. So, that's something to smile about: the left-wing student became the Minister of Justice, and the left-wing student became our Federal President.


I'm glad I met Brigitte Zypries relatively early in my studies.



I started in Giessen in 1976, and we met shortly afterward, and we met again and again.



On our somewhat different paths in life.


Later, much later, in Hanover and then again

in Berlin. I'm glad that we've kept in touch and are still friends today.



There's this stupid saying:

If you're not left-wing in your youth, you have no heart, and if you're still left-wing at your age, you have no brain. Is there perhaps some truth to that?



Oh, I don't know, that's for others to judge, just as the categories of left and right have shifted significantly at the moment.



Suppose the student Frank-Walter Steinmeier from the 1970s were sitting here at this table now, talking to Federal President Steinmeier.


What would he say to him?


I don't know at all whether the young student from the mid-1970s felt brave enough to say anything to the President.

But let's assume that he might express to the

Federal President the wish that,

with all the threats we live under,

with the challenges we experience against our own democracy,

but also in our European neighbors,

we should, above all, commit ourselves to preserving this democracy and,

knowing that it didn't fall from the sky,

that it isn't guaranteed forever, to ensuring that people continue to commit themselves to it.




Frank-Walter Steinmeier on his time studying in Giessen. – Bellevue Palace is a dignified place. This office represents our country,

just as the Oval Office in Washington represents the USA. Mr. Federal President, the whole world shook its head at this scene:

Donald

Trump humiliating

Volodymyr Zelensky in the Oval Office. The US President treats another president like a small child. What went through your mind when you saw that?


I didn't shake my head, I was genuinely

shocked because: Anyone with a bit of experience in international politics knows that if you humiliate your counterpart in this way in front of the world at large, then diplomacy is bound to fail.

And that is what worries me most. That attempts are now being made not only to force Zelensky into a subjugating peace,

but also to potentially endanger the continued existence of an independent, secure Ukraine in the long term.

Everyone is for peace,

most of all the

Ukrainians

themselves.

But it must be concluded on terms that keep Ukraine viable and

sovereign.

And that is why I am very much in favor of continuing diplomatic efforts like those currently

underway.


I hope that what has now begun in Jeddah will lead to a ceasefire.


But in the end, there must also be fair conditions for the Ukrainians and, ultimately, a guarantee of security for Ukraine.

That can't be achieved with events like the ones


we unfortunately saw in the Oval Office.


Is the US, as we are currently experiencing it, still our partner?


The partnership refers to one country, and I know that Europe, and Germany too, still have many friends in the US.

And that's why I would say we are currently noticing that the US is sending signals that it is turning away from Europe. They are seeking distance, they are rethinking American contributions to NATO. All of this is also changing Europe's

role. But we shouldn't be interested in paying back in kind.

We are counting

on the transatlantic partnership to grow again in the future, perhaps not within the next few years,

but in the more

distant future.

Until then, we must be clear that the decisions being made now in the US are forcing us in Europe to do something we have long refused to acknowledge:

that we must ensure our own strength, including military strength. And

we will only be noticed and taken seriously if, in addition to military strength, we actually have economic strength.

Then, I believe, we needn't fear the future of Europe. None of this will happen overnight, but we must make the right fundamental decisions now.



And I'm very glad that many in political Berlin have recognized this and that the right steps are at least underway.


This scene in the Oval Office perhaps shows something else. Diplomatic customs are sometimes laughed at as mere protocol nonsense. Obviously, there's more to it than that.

How important is diplomacy for global

cohesion?


You're not just asking a German President, but also a former Foreign Minister, who didn't see diplomacy as a nice-to-have, but considered it necessary.



And that's why I say: We must be clear that diplomacy alone cannot change the world for the better. It must be founded on our own strength. We must do much more to achieve this now. But we must also realize that we, together with those who are still available to us as partners around the world, must ensure that the future of international relations is not dominated by the Trumpian principle of rulelessness, but that we, together with those who are our partners, ensure




that the rules by which we are jointly guided

are preserved. This includes international law, this includes the United Nations Charter, this also includes the fundamental principle of free world trade and the WTO. And I can tell you now, just after my return from South America – Uruguay, Paraguay, and Chile – that there are partners who think along the same lines as we do. They are not only found in

Europe.


The hr1 talk today from Bellevue Palace in Berlin at the invitation of our head of state, Federal President Frank-Walter Steinmeier. When I pass by the palace, to be honest, I often still think of Mr. Herkeling, who once...


I think he did too... (laughs).


...who drove up here dressed as Queen Beatrix, wanting to go out for a nice meal.


That was long before your time. Were you able to laugh about it?


Not only could I laugh about it, I laughed about it back then, and I also laughed about it with him.

I know him

a little, and we often discussed and shared this scene.

You can't laugh about everything, because:

Of course, it sparked big discussions here in the palace back then.


Security, yes.


Yes, security.


And what would have happened if the real queen had come? If they had met?


I think the rivalry would have been quickly resolved. (laughs)


That would be unthinkable today, because of the incredibly high security measures.


I don't think it was the only case. I believe

we have since

experienced

more serious cases worldwide, which then led to increased security requirements. And I sincerely hope that similar cases won't occur again today.


The police officers at the gate are certainly paying close attention.


That's what I experienced. Our Federal President will soon provide some private insights. Of course, the HR1 questionnaire will help us with this, as always. Now the popular HR1 questionnaire, which has never been completed by our head of state, is also being honored. My greatest privilege as Federal President is...


...that I can be Federal President after a political career that has allowed me to touch on party

politics – foreign policy, domestic policy – ​​and that I can also draw something like the sum total of my experiences here.


Half a pound of butter costs approximately...


...2.30 euros at a discount store, three euros at an organic store.


I learned from my daughter...



...to always remain curious. She works in press and public relations and is therefore more on your side when it comes to asking questions, and she asks them to me.


My favorite food...


Unfortunately, a lot.

A catch-all term, I'd say, Italian pasta

a lot.


The last thing I stole...


Not at all.


What annoys me most

is...


Inflexibility and unreasonableness.


The difficult thing about democracy is...


...that you have to accept that others are right.


I regret...


...that during my active political phase, especially as head of the Chancellery,

I had little time for my daughter, whom you mentioned earlier.



Too little time.


I would like to spend an evening with...


Hape Kerkeling is always a pleasure.


For me, August 24th is...


August 24th is a small holiday for us in the family because my wife had a transplant on that day.

15 years ago now.


And you donated her

kidney?


Yes.


Faith?


It still gives me

direction.


My last cigarette was...


...years ago. Thank God, after quitting successfully two or three times, I started again just as successfully.

But now, thank God, I'm free of it.


In my bookshelf at the bottom right is...


You're imagining my bookshelf as small (laughs).

It goes around three corners in the library, and in the bottom right is, in fact, the rest of my legal

literature.


The hr1 questionnaire completed by Federal President Frank-Walter Steinmeier. Thank you very much. The Federal President represents our country in good times and bad. He receives state guests, but he is also called upon when terrible things happen. And unfortunately, we've had more than enough of that in recent months. There have been many attacks with deaths and injuries. Do you sometimes find it difficult to offer comfort?


Interview mit HR1 zur Ortszeit in Stadtallendorf

16. März 2025 16. März

2025


Bundespräsident Steinmeier hat mit dem HR1 über seine kommende Ortstzeit in Hessen gesprochen. Vom 18. bis zum 20. März 2025 verlegt er seinen Amtssitz für drei Tage nach Stadtallendorf.

Interview mit dem HR1



Heute wird unsere kleine Radiosendung geadelt, denn wir sind nicht im Studio, sondern zu Gast in Schloss Bellevue in Berlin, im offiziellen Amtszimmer von Bundespräsident

Frank-Walter

Steinmeier.

Herzlichen Dank für die Einladung.


Lieber Herr Berndt, herzlich willkommen mitten in Berlin, hier im

Schloss Bellevue.


Und dies ist ein historischer Ort. In dieser Sitzgruppe empfangen Sie normalerweise Ihre Staatsgäste. Manch ein Gespräch an diesem Tisch wird vielleicht irgendwann mal im Geschichtsbuch stehen.

Mit wem haben Sie hier alles schon so gesessen und geredet?


Ganz viele Präsidenten, Staatsoberhäupter, Könige und Königinnen haben hier gesessen, aber auch in schwierigen Zeiten Mitglieder der Bundesregierung und Fraktionsvorsitzende aus dem Parlament. Es ist kein bunter Reigen, aber eine ansehnliche Gruppe von Menschen, die aus unterschiedlichen Anlässen sich hier versammelt haben oder meine Gesprächspartner waren.


Also dieser Tisch könnte viel erzählen. Über dem Sofa, ich schaue mich mal um, hängt ein Gemälde: Heidelberg, der Sonnenuntergang in Heidelberg. Und das wichtigste Utensil ist natürlich neben Ihrem offiziellen Arbeitstisch die Standarte, also die Flagge mit dem Bundesadler.

Welche Bedeutung hat die?


Sie hat für mich eine große Bedeutung. Es ist immer wieder die Erinnerung daran, dass es erstens eine Ehre ist, Bundespräsident dieses wunderschönen Landes zu sein, und zweitens sich auch der Pflicht und der Verantwortung bewusst zu sein, die man in diesem Amt innehat. Daneben kann ich Ihnen sagen, dass die vielen Besucher und Besuchergruppen, die sich hier durchs Schloss führen lassen, gerne ein Foto von dieser Standarte mit nach Hause nehmen.


Und müssen Sie die auch einpacken, wenn Sie kommende Woche Ihren Amtssitz nach Hessen verlegen?


Ich darf Ihnen verraten: Wir haben zwei davon.


Aber eine kommt

mit.


Eine kommt mit, ganz selbstverständlich.


Denn dies ist der Anlass für unser Gespräch. In der kommenden Woche wird unser Staatsoberhaupt drei Tage in Stadtallendorf residieren. Darüber

reden wir gleich zu Beginn mit Frank-

Walter Steinmeier.

Ortszeit Deutschland nennt sich eine Aktion des Bundespräsidenten. Dafür verlässt er das schicke Schloss Bellevue für drei Tage und verlegt seinen offiziellen Amtssitz in eine Kleinstadt irgendwo in Deutschland. In Hessen war er mit dieser Aktion noch nie.



Wie fiel Ihre Wahl auf Stadtallendorf?


Erstens, in der Tat ist es jetzt die 14. Ortszeit. Das 14. Mal, dass wir meinen Amtssitz von hier aus, von Berlin,

in eine Region

in Deutschland

verlegen. Das erste Mal zu Recht, wie Sie sagen, in Hessen. Und viele Leute verstehen das gar nicht, stellen die Frage

“Warum verlässt er dieses wunderbare Schloss?“ Ja, die Frage ist berechtigt. Ich bin ja auch gern hier. Aber

das versteht man nur,

wenn man weiß, dass die Idee der Ortszeit auf die Corona-Zeit zurückging. Damals eine Zeit,

in der die Menschen ja nicht nur Angst davor hatten, angesteckt zu werden, infiziert zu werden, sondern das war ja eine Zeit, in der das gesellschaftliche Gespräch geradezu stillgelegt war. Es fanden keine Veranstaltungen statt, keine politischen, keine Sportveranstaltungen. Das Gespräch mit der Nachbarschaft erstarb und selbst die Familien konnten nicht zueinander kommen. Das ist für eine Demokratie ein schwieriger Zustand, weil: Die Demokratie braucht den Dialog, braucht den Austausch. Und deshalb habe ich mich entschieden, um das Gespräch der Gesellschaft mit sich selbst wieder in Gang zu bringen, müssen wir etwas verändern. Wir gehen raus und zwar nicht nur, um irgendwo in Deutschland eine Rede zu halten, Limousine vorfahren zu lassen, nach der Rede wieder raus. Sondern: Wir nehmen uns die Zeit und kommen ins Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern und eben gerade dort, wohin das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit nicht jeden Tag fällt.

Deshalb ist auch Stadtallendorf in die Auswahl gekommen.

Auch deshalb, weil wir ja mit den Ortszeiten nicht auf der Suche nach den touristischen Hotspots in Deutschland sind. Sondern ich bin auf der Suche nach Orten und Regionen, die mich neugierig machen, wo sich etwas tut, wo Menschen anpacken, um ihre Kommune, ihren Ort zu gestalten und möglicherweise zu

verändern.

Und als wir im letzten Jahr diskutierten, wohin gehen wir in Hessen, fiel mir ein Artikel in die Hände, der schlicht und einfach beschrieb, dass in

Stadtallendorf Dinge gelingen, die anderswo nicht gelingen, zum Beispiel bei der Integration von Eingewanderten. Und

da habe ich gesagt:

Mensch, das lohnt sich, da schauen wir mal genauer hin.


Nicht in der Erwartung, dass wir dort auf die heile Welt treffen, aber um zu erfahren: Was ist gelungen? Was kann möglicherweise auch Vorbild für Städte in anderen ländlichen Regionen sein? Was fehlt? Was erwartet man von der Landes- und der Bundespolitik?


Das hat mich neugierig gemacht und

deshalb sind wir in Stadtallendorf.


Und dafür nehmen Sie sich sogar drei Tage Zeit. Das ist außergewöhnlich.

Manch ein Staatsbesuch ist nicht so lang.

Was sind so die Themen? Was ist Ihr Eindruck, was den Leuten besonders auf den Nägeln brennt im Augenblick? Ein Punkt ist ja zum Beispiel "Kaffeetafel kontrovers“ und das heißt schon, da kann man dann auch seine Meinung sagen.


Da kann man nicht nur, sondern mit dem Format ist das gewollt. Wir wollen ja keinen Einheitsbrei organisieren, sondern wir sagen bewusst, wenn wir einladen,

wollen wir

Menschen ganz unterschiedlicher Positionen am Tisch haben.

Und das ist auch jedes Mal gewährleistet, da muss man sich gar keine besondere Mühe geben.

Das sind manchmal kleine Themen, da geht es um die Energieversorgung in einem Ort.

Es sind die großen Themen, die wir vor allen Dingen bei Ortszeiten im Osten unseres Landes immer wieder diskutiert haben.

Die Frage von Krieg und Frieden: Wie stehen wir zu Russland, wie stehen wir zur Ukraine?

Und

auch umgehen mit Kritik an der militärischen Unterstützung, die wir gehört haben und die wir sehr, sehr ausgiebig diskutiert haben. Ich habe eigentlich noch nie erlebt, in einer dieser Runden, dass nach zwei, zweieinhalb, manchmal auch drei Stunden Diskussionen, dass jeder bei der Meinung geblieben ist, mit der er gekommen ist. Nicht jeder hat seine Meinung völlig verändert, aber ich glaube, viele am Tisch lernen in diesen Runden wieder, dass Demokratie eben heißt, auch mit dem Risiko zu leben, dass der andere Recht haben könnte. Dieses wieder zu erlernen, das ist ganz wichtig aus meiner Sicht.



Frank-Walter Steinmeier in hr1 – und wo genau man den Bundespräsidenten kommende Woche treffen kann in Stadtallendorf, darüber reden wir in der kommenden Stunde noch ausführlich.

Viele Menschen haben keine so genaue Vorstellung von der Arbeit des Bundespräsidenten.

Manche halten ihn für den Grüßaugust der Nation, der Staatsgäste empfängt, der Reden hält,

Reisen machen darf.


Das ist aber natürlich nur die eine Seite dieses Amtes. Wenn es ernst wird,

muss der Bundespräsident auch

in die Politik eingreifen können.

Frank-Walter Steinmeier hat das sogar schon zweimal gemacht, zuletzt erst im Dezember, als er den Bundestag aufgelöst und Neuwahlen angeordnet hat.

Hätten Sie auch sagen können, kommt gar nicht in die Tüte, regiert mal schön weiter? Wie groß ist Ihr Spielraum bei so einer Entscheidung?


Der Spielraum ist durch die Verfassung gelegt und das Amt des Bundespräsidenten in Deutschland ist durch das Grundgesetz vornehmlich repräsentativ

ausgelegt. Das

heißt, der Bundespräsident mischt sich nicht ein in die Tagespolitik. Er hat für das Bild Deutschlands im Ausland zu sorgen, Kontakte mit unseren Partnern und Freunden in der Welt zu pflegen und natürlich eine wichtige Rolle bei der Ausfertigung von Gesetzen. Daneben ist meine Wahrnehmung, mit der härter werdenden Auseinandersetzung, mit der größeren Schwierigkeit, eindeutige Mehrheiten zu finden, verändert sich auch so ein bisschen das Bild des Bundespräsidenten. Es bleibt dabei, dass seine Rolle vornehmlich repräsentativ angelegt ist, aber ich habe es eben auch selbst erlebt und Sie haben die Beispiele genannt, dass der Bundespräsident auch manchmal gesucht wird, um schwierige Situationen zu entschärfen und Kompromisse in der Politik wieder möglich zu machen. Jenseits der Tagespolitik und nur in außergewöhnlichen Situationen, wie wir es 2017 erlebt haben, als kurz nach der Wahl keine regierungsfähige Mehrheit, keine neue Regierung zustande kam und es in der Tat drohte, dass wir kurz nach den Wahlen schon wieder Neuwahlen haben

würden.

Da habe ich in der Tat meine Auffassung öffentlich gemacht und gesagt: Wenn Mehrheiten möglich sind, dann darf sich derjenige, der sich um eine Mehrheit bewirbt, nicht wegdrücken vor der Verantwortung.


Nun haben wir jetzt wieder so eine Situation,

wo wir nicht genau wissen, wie es

weitergeht.

Bis Ostern soll die neue Regierung stehen.

Es wackelt noch arg, es könnte auch noch scheitern. Sie sind natürlich überparteilich, aber wie genau verfolgen Sie diesen Prozess?


Ich glaube, es wäre unverantwortlich, wenn ich diesen Prozess nicht verfolgen würde. Ich sitze nicht mit am Verhandlungstisch, aber soweit das möglich ist, informiere ich mich über die Verhandlungsstände.

Und die Situation ist heute, das will ich gerne sagen, die ist anders als

2017. Wir haben zwei Parteien, die über eine Mehrheit im neuen Deutschen

Bundestag verfügen und beide sagen, dass sie ihre Verantwortung erkennen. Insofern hoffe ich nicht nur, sondern ich gehe davon aus, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird,

eine neue

Regierungskoalition zu

bilden.


In der kommenden Woche soll das Grundgesetz noch vom alten Bundestag geändert werden, obwohl der neue schon gewählt ist. Und das, um ein riesengroßes Schuldenpaket durchzuwinken. Bereitet Ihnen sowas Bauchschmerzen?


Das ist keine Frage der Bauchschmerzen, sondern der Präsident hat eine Rolle, wenn politische Entscheidungen in Gesetzesform fließen. Dann hat er zu prüfen, ob die Ausfertigung möglich ist. Und bei der Ausfertigung spielt natürlich eine Rolle, ob das Parlament, das entschieden hat, die Kompetenz, die Zuständigkeit dazu hatte.

Und hier

gilt zunächst einmal der Grundsatz, dass die Legislaturperiode

erst endet,

wenn ein neuer Bundestag in Kraft tritt.


Bis dahin

hat der bestehende Bundestag volle Rechte – auch die zur

Gesetzgebung.


Als überparteiliches Staatsoberhaupt: Was ist Ihr Appell an die Parteien in dieser sensiblen

Phase?


Die Menschen erwarten erstens, dass wir relativ schnell wieder eine stabile und vor allen Dingen handlungsfähige Regierung haben. Und ich füge hinzu: Darauf warten nicht nur die Menschen in Deutschland, sondern ganz Europa wartet darauf, dass Deutschland seine Handlungsfähigkeit wieder unter Beweis stellt. Politik ist ja nicht einfacher geworden, aber wir müssen uns daran erinnern, dass Politik vor allen Dingen eines ist, nämlich Problemlösen. Und das erwarten die Menschen von der Politik und jetzt mit hohem Anspruch von der zukünftigen Regierung.


Deshalb hoffe ich, dass sich alle Beteiligten dieser Verantwortung bewusst sind.


hr1-Talk: Heute aus dem Amtszimmer des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Mein Name Uwe Berndt. Aber Sie wohnen ja nicht hier im Schloss Bellevue.


Ich wohne nicht mehr hier, auch deshalb, weil es hier gar keine Wohnung mehr gibt. Außerdem genieße ich die Distanz von meiner eigenen Wohnung zum Schloss. Man hat ein wenig Gelegenheit, sich auf der Fahrt hierher vorzubereiten, beziehungsweise auf der Fahrt zurück auch ein bisschen Abstand zu gewinnen von den Themen des Tages. Es ist schon ganz gut gelöst, dass seitdem Präsident Rau mit seiner Ehefrau hier ausgezogen ist, die Räumlichkeiten umgebaut worden sind – zu Besprechungsräumen und anderen. Seit der Präsidentschaft von Präsident Rau gibt es eine Residenz 20-25 Minuten entfernt von hier, wo der jeweilige Präsident mit seiner Familie wohnen kann.


Jetzt bin ich gespannt auf die präsidialen Musikwünsche. Wir spielen als erstes Joe Cocker

für Sie mit "With

a little help from my

friends“. Was verbinden Sie mit diesem Song?


Ja, es ist nicht nur eine meiner ersten LPs, die ich gehabt habe, damals Woodstock, wo Joe Cocker aufgetreten ist.

Sondern verstehen Sie es auch als einen kleinen Gruß auf die andere Seite des Atlantiks, als Erinnerung daran, dass hier noch Freunde leben.



Joe Cocker für Frank-Walter Steinmeier. [Musik-Einspieler]



Der hr1-Talk heute mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. In Hessen kennt er sich übrigens

gut aus, denn er hat in Gießen studiert und in Frankfurt sein juristisches Referendariat gemacht.

Was waren so Ihre studentischen Lieblingsorte in Gießen?


Ja, wir haben unsere Kneipe gehabt. Damals eine Kneipe, die es schon lange nicht mehr gibt, in der ich häufiger war. Eine kleine Kneipe namens "Quadratmeter“. Viel größer war sie auch nicht (lacht) oder "Die Brezel“ und "Der Bahndamm“.

Aber ich habe mich in diesen 14 Jahren in Gießen sehr wohl gefühlt. Für

Juristen hatte die Universität damals einzigartige Studienbedingungen.

Der Fachbereich Jura war wieder begründet worden als Formfachbereich.

Es war ein Vorzeigebetrieb mit vielen Kleinveranstaltungen und nicht mehr mit den großen Frontalvorlesungen. Ich habe viel gelernt in der Zeit und ich weiß bis heute, dass da viel Grund gelegt worden ist für das, was sich später in meinem Leben ereignet hat und ereignen konnte.


Sie haben auch an einer Zeitschrift mitgearbeitet als Student, die hieß "Demokratie und Recht“. Die wurde sogar vom Verfassungsschutz beobachtet. Waren Sie so links?


Die wurde vom Verfassungsschutz deshalb beobachtet, weil sie in einem Verlag erschienen ist, der "Pahl Rugenstein“ hieß und der als Verlag vom Verfassungsschutz beobachtet wurde.



Wir sind ja später vom Verlag rausgeschmissen worden.

Uns ist die Redaktion entzogen worden,

weil wir

offenbar nicht genügend auf der Linie des Verlages

waren. Also: Das Entscheidende war aber für mich, dass ich schon während des Studiums als wissenschaftliche Hilfskraft angefangen habe, fachwissenschaftlich zu arbeiten und zu publizieren. Das hat geschult für vieles, was später kam.


Mitgearbeitet hat damals auch Brigitte

Zypries, die spätere Justizministerin.

Also da kann man ja schmunzeln:

Aus der linken Studentin wurde die Justizministerin und aus dem linken Studenten unser Bundespräsident.


Ich freue mich, dass ich Brigitte Zypries so relativ früh in meinem Studium kennengelernt habe.


Ich habe 1976 in Gießen angefangen und wir haben uns auch kurze Zeit später kennengelernt und wir sind uns immer wieder begegnet.

Auf unseren etwas unterschiedlichen Lebenswegen. Später dann, sehr viel später in Hannover und dann wieder in Berlin. Ich freue mich, dass wir bis heute Kontakt haben und uns freundschaftlich verbunden sind.


Es gibt ja diesen blöden Spruch: Wer in seiner Jugend nicht links ist, der hat kein Herz und wer in seinem Alter immer noch links ist, der hat keinen Verstand. Ist da vielleicht sogar ein bisschen was dran?


Ach, ich weiß nicht, das müssen andere bewerten, wie überhaupt die Kategorien von links und rechts sich im Augenblick deutlich verschoben haben.


Angenommen, der Student Frank-Walter Steinmeier aus den 70ern säße jetzt hier am Tisch und würde sich unterhalten mit dem Bundespräsidenten Steinmeier. Was würde er ihm sagen?


Ich weiß überhaupt nicht, ob der junge Student der Mitte der 70er Jahre sich mutig genug fühlte, um dem Präsidenten etwas zu sagen. Aber setzen wir mal voraus, dann würde er vielleicht gegenüber dem Bundespräsidenten den Wunsch äußern, dass mit all den Gefährdungen, unter denen wir leben, mit den Anfechtungen, die wir gegenüber unserer eigenen Demokratie, aber auch in unseren europäischen Nachbarstaaten erfahren, dass wir uns vor allen Dingen dafür engagieren, dass diese Demokratie erhalten bleibt und wissend, dass sie nicht vom Himmel gefallen ist, dass sie nicht auf ewig garantiert ist, dafür zu sorgen, dass sich Menschen immer wieder für sie engagieren.


Frank-Walter Steinmeier über seine Studienzeit in Gießen. – Das Schloss Bellevue ist ein würdevoller Ort. Dieses Amtszimmer hier repräsentiert unseren Staat, genauso wie das Oval Office in Washington die USA repräsentiert. Herr Bundespräsident, über diese Szene hat die ganze Welt den Kopf geschüttelt: Donald Trump demütigt

im Oval Office Wolodymyr Selensky. Der US-Präsident behandelt einen anderen Präsidenten wie ein kleines Kind. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das gesehen haben?


Ich habe nicht den Kopf geschüttelt, sondern ich war wirklich erschüttert, weil: Wer ein bisschen Erfahrung in der internationalen Politik hat, der weiß, wenn man sein Gegenüber vor der großen Weltöffentlichkeit in dieser Art und Weise demütigt, dann muss Diplomatie scheitern. Und das ist das, was mich am meisten besorgt. Dass jetzt versucht wird, Selensky nicht nur zu einem Unterwerfungsfrieden zu bringen, sondern möglicherweise auch den Fortbestand einer unabhängigen, einer sicheren Ukraine langfristig zu gefährden.

Jeder ist für Frieden, am stärksten und am meisten die Ukrainerinnen und Ukrainer selbst. Aber er muss zu Bedingungen geschlossen werden, der die Ukraine überlebensfähig und souverän hält.

Und deshalb bin ich sehr dafür, dass diplomatische Bemühungen, wie sie jetzt stattfinden, fortgesetzt werden.

Ich hoffe darauf, dass das, was jetzt begonnen hat in Dschidda in einen Waffenstillstand einmündet. Aber es müssen am Ende auch faire Bedingungen für die Ukrainerinnen und Ukrainer da sein und am Ende auch die Gewährleistung für Sicherheit für die Ukraine.

Das ist nicht hinzukriegen mit solchen Veranstaltungen, wie wir sie bedauerlicherweise im Oval Office gesehen

haben.


Sind die USA, so wie wir sie jetzt erleben, noch unser Partner?



Die Partnerschaft bezieht sich auf ein Land, und ich weiß, dass Europa und auch Deutschland nach wie vor viele Freunde in den USA haben. Und deshalb würde ich sagen, wir nehmen zurzeit zur Kenntnis, dass die USA Signale setzt, sich von Europa abzuwenden.

Sie suchen nach Distanz, sie denken über die amerikanischen Beiträge für die NATO nach.

Das alles verändert auch die Rolle Europas. Aber wir sollten von uns aus kein Interesse daran haben, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Wir setzen darauf, dass transatlantische Partnerschaft auch wieder wachsen kann in Zukunft, vielleicht nicht innerhalb der nächsten Jahre, aber in fernerer Zukunft wieder wachsen kann. Bis dahin muss uns klar sein, dass die Entscheidungen, die jetzt in den USA getroffen werden, uns in Europa zu etwas zwingen, was wir lange Zeit nicht wahrhaben wollten, dass wir für unsere eigene Stärke, auch militärische Stärke sorgen müssen. Und wahrgenommen und ernst genommen werden wir nur, wenn wir neben militärischer Stärke in der Tat auch ökonomische Stärke haben.

Dann, glaube ich, muss uns über die Zukunft Europas nicht bange sein. Das wird alles nicht über Nacht geschehen, aber wir müssen jetzt die richtigen Grundentscheidungen

treffen.

Und ich bin sehr froh darüber, dass das im politischen Berlin doch von vielen erkannt ist und richtige Schritte mindestens auf dem Weg sind.


Diese Szene im Oval Office, die zeigt vielleicht noch was anderes. Diplomatische Gepflogenheiten werden ja auch gerne mal belächelt als Protokoll-Klimbim. Offensichtlich ist das mehr. Wie wichtig ist die Diplomatie für den Zusammenhalt der Welt?


Da fragen Sie ja nicht nur einen Bundespräsidenten, sondern auch einen ehemaligen Außenminister, der die Diplomatie nicht als schönes Beiwerk begriffen hat, sondern sie für notwendig hält.

Und deshalb sage ich: Uns muss gewiss sein, dass allein Diplomatie die Welt nicht zum Positiven verändern kann.

Sie muss gegründet sein auf eigene Stärke.

Dafür

müssen wir jetzt viel mehr tun.

Aber es muss uns ebenso ins Bewusstsein geraten, dass wir mit denjenigen, die uns in der Welt als Partner noch zur Verfügung stehen, dass wir mit denen dafür sorgen müssen, dass nicht das Trumpsche Prinzip der Regellosigkeit die Zukunft der internationalen Beziehungen beherrscht, sondern dass wir mit denen,

die unsere Partner sind, dafür sorgen, dass Regeln, nach denen wir uns gemeinsam orientieren, erhalten

bleiben.

Dazu gehört das Völkerrecht, dazu gehört die Charta der Vereinten Nationen,

dazu gehört auch die Grundregel des freien Welthandels und die WTO. Und ich kann Ihnen jetzt gerade nach meiner Rückkehr aus Südamerika – Uruguay, Paraguay und Chile – sagen: Es gibt diese Partner, die in die gleiche Richtung denken wie wir. Es gibt sie nicht nur in Europa.


Der hr1-Talk heute aus dem Schloss Bellevue in Berlin auf Einladung unseres Staatsoberhauptes, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.


Wenn ich hier am Schloss vorbeikomme, ehrlich gesagt, denke ich oft noch an Herrn Herkeling, der hier mal, …



Ich glaube, er auch …

(lacht).


… der verkleidet als Königin Beatrix hier vorgefahren ist, lecker essen gehen wollte. Das war lange vor Ihrer Zeit. Konnten Sie darüber

lachen?


Ich konnte nicht nur darüber lachen, ich habe damals drüber gelacht und ich habe auch mit ihm gemeinsam darüber gelacht. Ich kenne ihn ein bisschen und wir haben diese Szenerie oft miteinander besprochen und ausgetauscht. Man darf nicht über alles lachen, weil: Das hat natürlich hier im Schloss damals auch große Diskussionen ausgelöst.


Die Sicherheit, ja.


Ja, die Sicherheit.


Und was wäre passiert, wenn die echte Königin gekommen wäre? Wenn die sich getroffen hätten?


Die Konkurrenz, glaube ich, wäre schnell aufgelöst gewesen. (lacht)


Heute wäre das undenkbar, wegen der unglaublich

hohen Sicherheitsvorkehrungen.


Ich glaube, es war nicht der einzige Fall. Wir haben danach, glaube ich, ernsthaftere Fälle weltweit erlebt, die dann zur Steigerung der Sicherheitsanforderungen geführt haben. Und ich hoffe sehr, dass es vergleichbare Fälle deshalb heute nicht wieder geben würde. Die Polizeibeamten an der Pforte passen jedenfalls sehr genau auf.


Das habe ich erlebt. Gleich wird unser Bundespräsident noch private Einblicke gewähren. Dabei hilft uns natürlich wie immer der HR1-Fragebogen.

Nun

wird auch der beliebte hr1-Fragebogen geadelt, der noch nie hat in unser Staatsoberhaupt ausgefüllt. Mein schönstes Privileg als Bundespräsident ist, …



…, dass ich Bundespräsident sein kann nach einer politischen Laufbahn, die mich Parteipolitik hat berühren lassen – Außenpolitik, Innenpolitik –, und ich hier auch so etwas wie die Summe meiner Erfahrungen ziehen kann.



Ein halbes Pfund Butter kostet ungefähr …


… 2,30 Euro im Discounter, drei Euro beim Bio.



Von meiner Tochter habe ich gelernt, …


… immer neugierig zu bleiben. Sie ist in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ist damit eher auf Ihrer Seite, die Fragen zu stellen und die stellt sie mir.



Mein Lieblingsessen …


Leider ganz viele. Ein Sammelbegriff würde ich sagen, schon häufig italienische Pasta.


Zuletzt geklaut habe ich …



Gar nicht.


Am meisten auf die Palme bringt mich …


Uneinsichtigkeit und Unvernunft.


Das Schwierige an der Demokratie ist, …


…, dass man aushalten muss, dass andere Recht haben.


Bereut habe ich, …


…, dass ich während meiner aktiven politischen Phase, vor allen Dingen damals als Chef des Kanzleramtes, wenig Zeit für meine Tochter hatte, die sie vorhin schon angesprochen haben. Zu wenig Zeit hatte.


Ich würde gerne mal einen Abend verbringen mit ...


Hape Kerkeling ist immer ein Vergnügen.


Der 24. August ist für mich...


Der 24. August ist ein kleiner Feiertag für uns in der Familie, weil meine Frau an dem Tag transplantiert worden ist. Jetzt schon vor 15 Jahren.


Und Sie haben ihr die Niere gespendet?


Ja.


Der Glaube?


Gibt mir nach wie vor Orientierung.


Meine letzte Zigarette war ...



… Jahre her. Ich habe Gott sei Dank, nachdem ich bestimmt zwei oder dreimal erfolgreich aufgehört habe, ebenso erfolgreich wieder angefangen. Aber inzwischen bin ich es Gott sei Dank los.


In meinem Bücherregal unten rechts steht ...



Sie stellen sich mein Bücherregal zu klein vor (lacht). Es

geht einmal um drei Ecken in der Bibliothek drumherum und unten rechts steht in der Tat noch der Rest meiner juristischen

Literatur.


Der hr1-Fragebogen ausgefüllt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Vielen Dank. Der Bundespräsident repräsentiert unser Land in guten wie in schlechten Zeiten. Er empfängt Staatsgäste, aber er ist eben auch gefragt, wenn schreckliche Dinge passieren. Und davon hatten wir in den letzten Monaten leider mehr als genug.





Es gab viele Anschläge mit Toten und Verletzten. Fällt es Ihnen manchmal schwer, Trost zu spenden?


Weil ich gerade erst zurückgekommen bin aus Hanau, wo wir erinnert haben an die furchtbaren Morde vor fünf Jahren, erinnere ich mich an den Tag nach den Morden, als ich gemeinsam mit dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten bei und mit den Angehörigen gesessen habe. Der Oberbürgermeister der Stadt Hanau war dabei. Und es gibt Situationen, wo man keinen Trost spenden kann, wenn der Schmerz so groß ist, dass die Trauer noch nicht einmal Einkehr halten kann. Das sind Situationen,

wo es manchmal besser ist, man weint gemeinsam mit den Angehörigen und das war so eine Situation, wo niemand Tränen zurückhalten konnte. Eine Situation, wie sie in den letzten Jahren leider zu häufig vorgekommen ist – wenn ich an Halle, an Mannheim, an Solingen, an Magdeburg, an Aschaffenburg denke.


Wie kann man in solchen Augenblicken Zuversicht geben?


In solchen Augenblicken darf man überhaupt nicht den Satz sagen "Und ab jetzt schauen wir wieder nach vorne". Sondern das sind Situationen, von einer Sekunde auf die andere ist nichts mehr, wie es war für die Menschen, die zurückgeblieben sind, die ihre Angehörigen verloren haben. Und deshalb darf man hohle Formeln, wie "Wir schauen jetzt nach vorne" überhaupt nicht gebrauchen. Sondern man braucht eine Sprache, mit der man sich in die Situationen der Menschen möglichst weit hineinfühlt, ohne je so zu empfinden wie diejenigen, die gerade ihren Liebsten verloren haben. Aber die anteilnehmende Sprache ist wichtiger als der unrealistische Blick nach vorne, der in einer solchen Situation gar nicht entstehen kann.


Heute sind wir zu Gast im Amtszimmer des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Ich bin Uwe Berndt und ich habe Ihnen auch noch etwas mitgebracht aus Ihrer Studienzeit in Gießen. Wir haben gerade darüber gesprochen. Wir hatten sie schon erwähnt: Brigitte Zypries, mit der Sie zusammen studiert haben. Und die hat uns tatsächlich ein Grußwort geschickt. Das möchte ich Ihnen mal gerne vorspielen.


Brigitte Zypries: Lieber Frank, Deine Ortszeit diesmal hat Dich nach Stadtallendorf geführt. Eine Stadt, die nur knappe 50 Kilometer entfernt liegt von unserem gemeinsamen Studienort – von Gießen. Ich war während meiner Zeit in Gießen kein einziges Mal in Stadtallendorf. Aber ich habe mich natürlich jetzt mit der Stadt beschäftigt und festgestellt, dass wir eigentlich 1977 von Stadtallendorf was hätten merken sollen, als aufmerksame Leser des Gießener Anzeigers. Am 01.01.1967 wurde nämlich Allendorf erst zu Stadtallendorf. Und das stand damals bestimmt in unserer Zeitung. Gelernt habe ich auch, dass es ein Museum gibt über die Geschichte der Zwangsarbeit in den Sprengstoffwerken

Allendorf. Und

das klang für mich so interessant, dass ich mir vorgenommen habe, wenn ich das nächste Mal in Südhessen bin, dass ich dann auch mal einen Abstecher mache nach Stadtallendorf. Dir wenigstens wünsche ich jetzt spannende, interessante, sicher auch anstrengende Tage mit guten Gesprächen.

Ich bin gespannt, was Du bei Gelegenheit berichten wirst. Bis dann,

Brigitte.


Aus Kasseler Perspektive ist Stadtallendorf dann schon Südhessen.


Der Streit geht ja eher um die Frage: Mittelhessen oder Oberhessen?

Genau. Ich glaub, es ist Oberhessen.


Für mich ist es Mittelhessen, Stadtallendorf,

oder?


Ich weiß nicht, ob die Grenzziehungen eigentlich jemals geklärt worden sind.


Haben Sie damals als Student auch Stadtallendorf links liegen lassen? Klar,

man war auf seinen Studienort fixiert.


Ich habe mich selbst gefragt und natürlich bin ich häufig in Marburg gewesen. Ich bin auch noch näher dran gewesen an Stadtallendorf sicherlich: in Rauischholzhausen. Rauischholzhausen war ein Teil der Universität Gießen. Hatte dort landwirtschaftliche Versuchsflächen. Einmal im Jahr fand dort ein Universitätsfest statt.

Das war schon nah dran an Stadtallendorf. Noch näher dran ist, glaube ich, Amöneburg. Da bin ich auch ein-, zweimal gewesen. Aber in Stadtallendorf selbst meines Wissens nicht.


Wie kommen wir jetzt von Stadtallendorf nach Kuba? Sie haben sich kubanische Musik gewünscht.


Das hängt schlicht und einfach damit zusammen, dass ich gerade aus Südamerika zurückkomme, von Besuchen in Uruguay, Paraguay und Chile, viel lateinamerikanische und südamerikanische Musik gehört und mich dann an den Buena Vista Social Club erinnert habe.


Und den hören wir jetzt. "Chan Chan“ für Frank-Walter Steinmeier.

[Einspieler Musik]


Der Bundespräsident packt seine Standarte ein. In der kommenden Woche verlegt er seinen offiziellen Amtssitz für drei Tage nach Stadtallendorf. Er wird sich dort nicht langweilen. Er will mit den Hessen in Kontakt kommen. Er will mit ihnen diskutieren. Wo kann man Sie überall treffen in

Stadtallendorf?


Wir fangen an, wie üblich bei diesen Ortszeiten, mit einem Gespräch mit der Kommunalpolitik, natürlich dort im Rathaus. Wir haben eingeladen zu einem runden Tisch – Kaffeetafel kontrovers –, wo wir die

Frage "Migration und Zuwanderung:

Wie geht das in Stadtallendorf?" diskutieren werden.

Aber nicht nur bei solchen formalen Diskussionen werden wir uns begegnen, sondern wir haben tiefen Einblick in das Sport- und Vereinsleben der Stadt. Wir treffen Jugendliche, wir machen Betriebsbesichtigungen und reden dort mit Geschäftsführern, Betriebsräten, mit Auszubildenden; gehen in der Stadt auch in die Geschäfte und reden auf der Straße mit den Leuten. Also es besteht ganz viel Gelegenheit, uns erstens zu treffen, aber noch wichtiger für mich, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.


Und Sie werden auch eine Boxschule besuchen. Was ist das Besondere an dieser Boxschule?


Nachdem, was ich gelesen habe, ist diese Boxschule ja ein Instrument oder eine Möglichkeit zur Integration von Jugendlichen. Und offenbar wird das in der Stadt auch mit Zufriedenheit beobachtet, wie es gelingt, gerade in dieser Boxschule, Jugendliche, die zugewandert sind, in die Gesellschaft zu integrieren. Das werde ich mir einfach mal anschauen. Wie gesagt, wir kommen ja nicht in der Erwartung, dass alles das, was über gelingende Integration in Stadtallendorf geschrieben worden ist, eins zu eins stimmt. Sondern wir sind neugierig, wie viel davon wahr geworden ist und wo möglicherweise auch Defizite sind. Das eine oder andere ist uns auch aus den Schulen schon schriftlich zugegangen: Lehrern, die gesagt haben, wir brauchten eigentlich noch eine bessere Ausstattung, um erfolgreiche Integrationsarbeit zu schaffen.


Wie schwer ist es eigentlich in diesen Zeiten wirklich mit dem Volk ins Gespräch zu kommen, wo Sie doch quasi Tag und Nacht von Sicherheitskräften umzingelt sein müssen? Natürlich ist der Bundespräsident eine gefährdete Person und muss beschützt werden, aber dann können Sie ja schlecht auf die Marktfrau zugehen. Wie machen Sie das dann tatsächlich?


Ja, da haben wir ehrlich gesagt, Herr Berndt, da haben wir auch gelernt. Wir sind bei der ersten Ortszeit auch in der üblichen Aufstellung losgezogen und haben gemerkt, das erzeugt eine zu hohe Schwelle für die Bürgerinnen und Bürger, auf uns zuzugehen. Wir haben dann flexiblere Modelle mit den Sicherheitsbeamten, mit der Polizei diskutiert und das funktioniert, werden Sie auch in Stadtallendorf sehen, das funktioniert inzwischen ganz gut. Und so kommt das zustande, woran Sie eben Zweifel hatten, ob es zustande kommt, das Gespräch mit der Marktfrau oder denjenigen, die in den Geschäften einkaufen oder denjenigen, denen wir in Sportveranstaltungen begegnen. Das funktioniert ganz gut. Und ehrlich gesagt, unsere Anwesenheit ist sehr selten auf Ablehnung gestoßen. Es gab von Extremisten organisierte kleinere Demonstrationen und Proteste, die wir auch mal erlebt haben in zwei, glaube ich, der Ortszeiten, wenn ich richtig zurückdenke. Aber im Grunde genommen bestätigt sich nicht dieses Übermaß an Ablehnung von Politik, von dem ich immer lese. Die Menschen sind eigentlich nach wie vor ganz froh, wenn sie dem Bundespräsidenten begegnen, wenn sie ihm Fragen stellen können und er vielleicht im Zweifel sogar Antworten hat.


Das können wir dann erleben, nächste Woche in Stadtallendorf: Frank-Walter Steinmeier. Genau zwei Jahre noch wird Frank-Walter Steinmeier unser Staatsoberhaupt sein, dann hat er seine zweite Amtszeit erfüllt.

Das ist ja schon noch mal eine Zeit, die absehbar ist, aber wo man einiges auch noch anstoßen kann. Also was steht bei Ihnen denn so auf Ihrer To-Do-Liste? Was wollen Sie in Ihrer Amtszeit noch machen?


Also es sind drei Dinge, um die ich mich im Augenblick aktuell kümmere und die nicht morgen oder übermorgen vorbei sein werden. Sie nehmen zur Kenntnis, ich habe mich intensiv bemüht, das Thema "Aufarbeitung der Corona-Zeit“ nochmal ins Visier zu nehmen. Ehrlich gesagt nicht, weil ich Großes vorzuwerfen hätte.

Zweitens auch, weil ich überhaupt nicht empfehlen kann, jetzt nach Sündenböcken oder Schuldigen zu suchen, sondern weil es uns doppelt helfen könnte. Weil erstens die Demokratie zeigen könnte, wir sind in Deutschland besser durch die Pandemie gekommen als andere. Und zweitens, da wo wir besser werden könnten, können wir ja auch lernen. Und beide Dinge sind so wichtig, dass ich eigentlich dem neuen Bundestag nur empfehlen kann, sich der Aufarbeitung tatsächlich zu widmen. Das Zweite ist das Thema "Handlungsfähigkeit des Staates“. Ich glaube, da gibt es eine Riesenerwartung, dass sich bei der langen, langen Diskussion, die wir über Entbürokratisierung haben, endlich etwas verändert. Und es geht natürlich nicht nur im engeren Sinne um Entbürokratisierung – kürzere und verständlichere Formulare etwa –,

sondern es geht natürlich auch darum, dass wir unsere Verwaltung stärker digitalisieren, um mehr Menschen zur Verfügung zu haben, die auch tatsächlich für Beratungsaufgaben zur Verfügung

stehen.


Da haben Sie ja die Schirmherrschaft übernommen für eine Gruppe, die das durchdenkt. Aber das sind auch so Dinge, die wir schon seit Jahren hören. Und man fragt sich, warum ist dieses Land so schwerfällig eigentlich? Natürlich ist niemand für Bürokratie in Deutschland.


Niemand ist für Bürokratie, aber sie wächst relativ selbstständig ...


Warum ist das so bei uns?


… und ab und zu muss man halt darüber nachdenken, wo man Schnitte machen kann. Ich sage ja immer, lasst uns zurückdenken an die Krisen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten überwunden haben. Lasst uns nicht lamentieren über das, was ist, sondern lasst uns daran erinnern, dass wir unsere Kraft zu Reformen auch immer wieder gefunden haben. Deshalb: Nicht durch Kleinmut und Hader und Selbstzweifel gewinnen wir die Zukunft, sondern indem wir uns auf unsere Stärken besinnen und nach vorne schauen.


Von den Bundespräsidenten bleibt oft so eine Kernbotschaft übrig, also "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen", "Der Islam gehört zu Deutschland":


Was würden Sie sich wünschen? Welcher Satz sollte von Ihrer Präsidentschaft bleiben?


Ich habe ja vorhin auf meine etwas längere Biographie verwiesen und habe gelernt: Die Deutschen mögen Ruck-Reden, aber sie mögen den Ruck nicht.

Ja, genau.


Das habe ich dann bitter erfahren müssen nach der sogenannten Agenda 2010. Deshalb würde ich mir wünschen, dass nicht ein Satz in Erinnerung bleibt, sondern dass die Ernsthaftigkeit meines Engagements um die Demokratie in diesem Lande erhalten bleibt und dass ich dieses auf vielfältige Art und Weise unterlege.


Die Bundesversammlung wird in zwei Jahren Ihren Nachfolger wählen. Bis dahin ist noch Zeit. Natürlich werden Sie keinen Vorschlag machen, aber wäre es nicht langsam Zeit mal für eine Frau in diesem Amt?


Ja, ich wollte Sie gerade schon korrigieren, als Sie Nachfolger gesagt haben. Ich glaube, wir müssen davon ausgehen, dass es den starken Wunsch nach einer Nachfolgerin geben wird. Aber Sie haben recht, ich werde dazu keine Empfehlungen machen.

Das wird die nächste Bundesversammlung

sein.


Aber vielleicht können wir, zum Schluss sozusagen, noch die Stellenausschreibung für Ihren Job formulieren.

Also was sollte da

drinstehen? BundespräsidentIn, männlich, weiblich, divers, sollte mitbringen …


… nicht nur Lebenserfahrung, sondern – nach meiner Auffassung – auch ein bisschen politische Erfahrung und Neugier auf das, was sich um unser Land herum tut.



Herr Bundespräsident, vielen Dank für das Gespräch, vielen Dank für den Besuch im hr1-Talk.


Am Schluss ist es bei uns üblich, dass der Gast eine Klitzekleinigkeit auswendig aufsagt.


Ein Grundsatz, den ich jungen Menschen, auch Besuchergruppen immer wieder sage, die mich dann fragen "Herr Steinmeier, Sie sind Bundespräsident geworden. Sie haben dies oder das vorher gemacht.


Wie plant man eine solche Karriere?" Und meine Antwort ist immer, indem man sie nicht plant. Denn das Leben ist am Ende das, was sich ungeplant

ereignet.


Ein schöner Satz zum Schluss dieses Gesprächs. Damit gehen wir in den Sonntag. Vielen Dank für das Gespräch! Mein Name ist Uwe Berndt. Wir beide wünschen einen schönen Sonntag. Tschüss.


Danke.

Интервью с HR1 по местному времени в Штадталлендорфе

16 марта 2025 г. 16 марта 2025 г.


Федеральный президент Штайнмайер рассказал HR1 о своем предстоящем визите в Гессен. С 18 по 20 марта 2025 года он на три дня переедет в свой офис в Штадталлендорф.

Интервью с HR1



Сегодня нашему маленькому радиошоу оказана честь, поскольку мы находимся не в студии, а в качестве гостей во дворце Бельвю в Берлине, в официальной резиденции федерального президента Франка-Вальтера Штайнмайера. Большое спасибо за приглашение.


Уважаемый господин Берндт, добро пожаловать в самое сердце Берлина, во дворец Бельвю.


И это историческое место. В этой зоне отдыха обычно принимают государственных гостей. Некоторые разговоры за этим столом однажды, возможно, будут записаны в учебниках истории.

С кем вы здесь сидели и разговаривали?



Здесь сидели многие президенты, главы государств, короли и королевы, а в трудные времена — члены федерального правительства и лидеры парламентских групп. Это не красочное собрание, а значительная группа людей, которые собрались здесь по разным причинам или были моими собеседниками.



Так что эта картина может многое рассказать. Над диваном я оглядываюсь, висит картина: Гейдельберг, закат в Гейдельберге. И самым главным предметом, помимо вашего официального рабочего стола, конечно же, является штандарт, т. е. флаг с федеральным орлом.

Что это значит?


Для меня это имеет огромное значение. Это всегда напоминает нам, что, во-первых, быть федеральным президентом этой прекрасной страны — большая честь, а во-вторых, необходимо осознавать долг и ответственность, связанные с этой должностью. Могу также сказать, что многочисленные посетители и группы посетителей, которые совершают экскурсию по замку, любят делать фотографии этого типичного дома.


И нужно ли вам будет брать их с собой, когда на следующей неделе вы переедете в Гессен?



Позвольте мне сказать: у нас их двое.


Но вот один из них появляется.


Один из них появляется совершенно естественно.


Потому что это и есть причина нашего разговора. На следующей неделе глава нашего государства проведет три дня в Штадталлендорфе. Об этом мы поговорим в самом начале с Франком-Вальтером Штайнмайером. Местное время Германия — название действия Федерального президента. Для этого он на три дня покидает шикарный дворец Бельвю и переезжает в свою официальную резиденцию в небольшой городок где-то в Германии. Ранее он никогда не бывал в Гессене с этой кампанией.

Почему вы выбрали Штадталлендорф?


Во-первых, сейчас действительно 14 часов по местному времени. Это уже 14-й раз, когда мы переезжаем мой офис отсюда, из Берлина, в регион Германии. Первый раз, как вы правильно сказали, в Гессене. И многие люди вообще этого не понимают, задавая вопрос: «Почему он покидает этот чудесный замок?» Да, вопрос правомерен. Мне тоже здесь нравится. Но понять это можно только в том случае, если знать, что идея местного времени зародилась еще во времена коронавируса. В то время люди не только боялись заразиться, но и общение в обществе практически прекратилось.




Не было никаких мероприятий — ни политических, ни спортивных. Связь с соседями прекратилась, и даже семьи не могли видеться друг с другом.

Это сложная ситуация для демократии, потому что: Демократии нужен диалог, нужен обмен.

Вот почему я решил, что для того, чтобы общество снова начало общаться само с собой, нам нужно что-то изменить.

Мы выходим, и не просто чтобы выступить с речью где-то в Германии, заезжаем на лимузине, а затем уезжаем после выступления. Вместо этого мы уделяем время диалогу с гражданами, особенно в тех местах, где общественное

внимание не всегда на виду.

Вот почему был

Выбран

Штадталлендорф.

Это также связано с тем, что мы не ищем туристические точки в Германии по местному времени.

Вместо этого я ищу места и регионы, которые вызывают у меня любопытство, где что-то происходит, где люди предпринимают действия, чтобы сформировать и, возможно, изменить свое сообщество, свое место. А когда в прошлом году мы обсуждали, куда мы движемся в Гессене, я наткнулся на статью, в которой просто описывалось, как в Штадталлендорфе дела идут успешно,

а в других местах — нет, например, в плане интеграции иммигрантов. И тогда я сказал:

Да, это того стоит, давайте посмотрим поближе.

Не с надеждой, что мы найдем там идеальный мир, а чтобы узнать:

чего удалось достичь? Что могло бы послужить образцом для городов в других сельских регионах? Чего не хватает? Чего ожидают от политики штата и федерального правительства?

Это вызвало у меня любопытство, и именно поэтому мы находимся в Штадталлендорфе.


И на это у вас уйдет даже три дня. Это невероятно. Некоторые государственные визиты не столь продолжительны.

Какие темы? Каково ваше мнение о том, что сейчас особенно беспокоит

людей?

Например, один из пунктов — «спорный вопрос о журнальном столике», и это значит, что вы можете высказать там свое мнение.


Это не только возможно, но и формат предназначен для этого. Мы не хотим организовывать однообразную мешанину, но мы сознательно говорим, что, когда мы приглашаем людей, мы хотим, чтобы за столом сидели люди с совершенно разными позициями.

И это гарантировано каждый раз, вам не придется прилагать никаких особых усилий.

Иногда это незначительные проблемы, и они касаются энергоснабжения в определенном месте.

Это важные вопросы, которые мы обсуждали снова и снова, особенно в местных органах власти на востоке нашей страны.

Вопрос войны и мира: какова наша позиция по отношению к России, какова наша позиция по отношению к Украине? А также разобраться с критикой военной поддержки, которую мы слышали и которую мы очень, очень подробно обсуждали. На самом деле, я никогда не сталкивался ни с одним из таких раундов, чтобы после двух, двух с половиной, а иногда даже трех часов обсуждения каждый оставался при своем мнении. Не все полностью изменили свое мнение, но я думаю, что многие за столом переговоров в ходе этих дискуссий снова узнают, что демократия означает жизнь с риском того, что другой человек может оказаться прав. На мой взгляд, очень важно снова этому научиться.

Франк-Вальтер Штайнмайер на hr1 – а где именно можно будет встретиться с федеральным президентом на следующей неделе в Штадталлендорфе, мы поговорим об этом более подробно в следующем часе. Многие люди не имеют столь четкого представления о работе Федерального президента. Некоторые считают его визитной карточкой нации, который принимает государственных гостей, произносит речи и имеет право путешествовать.

Но, конечно, это только одна сторона этого офиса.

Когда ситуация становится серьезной, Федеральный президент также должен иметь возможность вмешаться в политику. Франк-Вальтер Штайнмайер делал это даже дважды, последний раз в декабре, когда он распустил Бундестаг и назначил новые выборы.

Могли бы вы также сказать, что это исключено, просто продолжайте править? Насколько велика у вас свобода действий при принятии такого решения?


Возможности для маневра определены Конституцией, а должность Федерального президента в Германии трактуется Основным законом прежде всего как представительская. Это означает, что Федеральный президент не вмешивается в повседневную политику. Он отвечает за имидж Германии за рубежом, поддерживает контакты с нашими партнерами и друзьями по всему миру и, конечно же, играет важную роль в разработке законов. Кроме того, я считаю, что по мере того, как дебаты становятся более интенсивными и становится все труднее находить явное большинство, имидж федерального президента также несколько меняется. Его роль по-прежнему остается в первую очередь представительской, но я также сам убедился в этом, и вы привели примеры, что к Федеральному президенту иногда обращаются с просьбой разрядить сложные ситуации и снова сделать возможными компромиссы

в политике.


За пределами повседневной политики и только в исключительных ситуациях, как мы увидели в 2017 году, когда вскоре после выборов не было ни правящего большинства, ни нового правительства, и действительно существовала угроза того, что вскоре после выборов у нас пройдут новые выборы. Я на самом деле высказал свое мнение публично и сказал: если большинство возможно, то тот, кто пытается добиться большинства, не должен уклоняться от своей ответственности.


Сейчас мы снова столкнулись с подобной ситуацией, когда мы не знаем наверняка, что произойдет дальше. Новое правительство должно приступить к работе к Пасхе. Он все еще шаткий и все еще может выйти из строя. Вы, конечно, беспартийны, но насколько внимательно вы следите за этим процессом?


Я думаю, было бы безответственно, если бы я не следовал этому процессу. Я не сижу за столом переговоров, но по мере возможности держу себя в курсе хода

переговоров.

И я хотел бы сказать, что сегодняшняя ситуация отличается от ситуации 2017 года. У нас есть две партии, имеющие большинство в новом немецком Бундестаге,

и обе заявляют, что осознают свою ответственность.

В этой связи я не только надеюсь, но и предполагаю, что в обозримом будущем станет возможным формирование новой правительственной коалиции.


На следующей неделе старый Бундестаг должен внести поправки в Основной закон, хотя новый состав уже избран. И все это для того, чтобы протащить огромный пакет долгов.

У вас от чего-то

подобного болит

живот?


Это не вопрос болей в животе, а вопрос роли президента в том, как политические решения воплощаются в законы. Затем он должен проверить, возможно ли копирование. А когда дело доходит до исполнения, естественно, играет роль то, имел ли парламент, принявший решение, необходимые для этого полномочия и компетенцию. И здесь, прежде всего, действует принцип, согласно которому законодательный период заканчивается только с вступлением в силу нового Бундестага.

До этого момента действующий Бундестаг имеет все права, включая право законодательной деятельности.


Как беспартийный глава государства: с каким призывом вы обращаетесь к сторонам в этот сложный период?


Во-первых, люди ожидают, что у нас относительно быстро снова будет стабильное и, прежде всего, эффективное правительство. И я бы добавил: этого ждет не только народ Германии, но и вся Европа ждет,

когда Германия снова продемонстрирует свою способность действовать.

Политика не стала легче, но мы должны помнить, что политика — это, прежде всего, решение проблем. И именно этого люди ждут от политиков,

а теперь и от

будущего

правительства.



Поэтому я надеюсь, что все участники осознают эту ответственность.


hr1-Talk: Сегодня из офиса федерального президента Франка-Вальтера Штайнмайера. Меня зовут Уве Берндт.

Но вы не живете здесь, в Bellevue Palace.


Я здесь больше не живу, отчасти потому, что здесь больше нет квартир. Мне также нравится расстояние от моей квартиры до замка. У вас есть небольшая возможность подготовиться по дороге сюда или по дороге обратно, чтобы немного отвлечься от злободневных тем.



Очень удачным решением стало то, что после отъезда президента Рау и его супруги комнаты были переоборудованы в конференц-залы и другие помещения. Со времени президентства президента Рау в 20–25 минутах езды отсюда появилась резиденция, где президент может остановиться со своей семьей.


Теперь мне интересно узнать о президентских музыкальных запросах. Сначала мы сыграем для вас песню Джо Кокера «С небольшой помощью моих друзей». Какие ассоциации у вас вызывает эта песня?


Да, это не просто одна из моих первых пластинок, еще в Вудстоке, где выступал Джо Кокер.

Но, пожалуйста, воспринимайте это также как небольшое приветствие по ту сторону Атлантики, как напоминание о том, что здесь все еще живут друзья.


Джо Кокер для Франка-Вальтера Штайнмайера. [Музыкальный клип]


Сегодняшняя беседа hr1 с федеральным президентом Франком-Вальтером Штайнмайером. Кстати, он хорошо знает Гессен, поскольку учился в Гиссене и проходил юридическую стажировку во Франкфурте. Какие места в Гиссене вам нравились больше всего, когда вы были студентом?


Да, у нас был свой паб. Тогда здесь был паб, которого сейчас уже нет, но в который я часто ходил. Небольшой паб под названием «Квадратметр». Он был не намного больше (смеется), как и «Крендель» и «Железнодорожная набережная». Но все эти 14 лет я чувствовал себя в Гиссене очень комфортно. В то время университет предлагал уникальные условия обучения для юристов.

Юридический факультет был восстановлен как официальный факультет. Это была образцовая школа с большим количеством мелких мероприятий и без больших фронтальных лекций. За это время я многому научился и по сей день знаю, что именно тогда была заложена основа для того, что произошло и может произойти позже в моей жизни.


Будучи студентом, вы также работали над журналом «Демократия и право». За этим даже следило Федеральное ведомство по защите конституции. Вы были настолько левым?


Он находился под контролем Федерального ведомства по защите конституции, поскольку был опубликован издательством «Pahl Rugenstein», деятельность которого контролировалась Федеральным ведомством по защите конституции. Позже издатель нас

выгнал.

Наша редакционная позиция была отозвана, поскольку мы, по-видимому, не в полной мере соответствовали линии издателя. Поэтому решающим фактором для меня стало то, что я начал работать и публиковаться в научной должности в качестве научного сотрудника еще во время учебы. Это подготовило меня ко многим вещам, которые пришли позже.


В то время над проектом также работала Бригитта Циприс, которая впоследствии стала министром юстиции. Что ж, это повод для улыбки:

левый студент стал министром юстиции, а левый студент стал нашим федеральным

президентом.


Я рад, что познакомился с Бригиттой Циприс сравнительно рано во время учебы.


Я начал работать в Гиссене в 1976 году, и вскоре мы встретились,

а затем встречались снова и снова.

На наших немного разных жизненных путях. Позже, гораздо позже, в Ганновере, а затем снова в Берлине. Я рад, что мы до сих пор поддерживаем связь и остаемся друзьями.




Есть такая глупая поговорка: если в юности ты не был левым, у тебя нет сердца, а если в старости ты все еще остаешься левым, у тебя нет мозгов. Может быть, в этом есть доля правды?


Ой, не знаю, это пусть судят другие, так как категории левых и правых в настоящее время существенно изменились.



Предположим, что студент Франк-Вальтер Штайнмайер из 1970-х годов сидит сейчас здесь за столом и разговаривает с федеральным президентом Штайнмайером. Что бы он ему сказал?


Я даже не знаю, хватило ли молодому студенту в середине 1970-х смелости что-то сказать

президенту.

Но предположим, что он, возможно, выскажет Федеральному президенту пожелание, чтобы, несмотря на все угрозы, с которыми мы сталкиваемся, и на вызовы, с которыми сталкиваемся в отношении нашей собственной демократии, а также в соседних с нами европейских странах, мы прежде всего стремились к тому, чтобы эта демократия сохранялась, и, зная, что она не упала с неба и не гарантирована навсегда, стремились к тому, чтобы люди продолжали сохранять приверженность ей.


Франк-Вальтер Штайнмайер о своей учебе в Гиссене. – Дворец Бельвю – достойное место. Этот кабинет представляет наше государство, так же как Овальный кабинет в Вашингтоне представляет Соединенные Штаты. Господин Президент, весь мир покачал головой, увидев эту сцену: Дональд Трамп унижает Владимира Зеленского в Овальном кабинете. Президент США обращается с другим президентом как с маленьким ребенком. О чем вы подумали, когда увидели это?


Я не покачал головой, я был искренне потрясен, потому что: любой, кто хоть немного разбирается в международной политике, знает, что если вы унижаете своего коллегу таким образом перед всем миром, то дипломатия обречена на провал.

И это то, что беспокоит меня больше всего. Что сейчас предпринимаются попытки не только принудить Зеленского к кабальному миру, но и, возможно, поставить под угрозу дальнейшее существование независимой, безопасной Украины в долгосрочной перспективе. Все за мир, и прежде всего сами украинцы.

Однако его необходимо заключить на условиях, которые сохранят жизнеспособность и суверенность Украины.

Вот почему я горячо поддерживаю продолжение дипломатических усилий, подобных тем, которые предпринимаются в настоящее время.

Я надеюсь, что то, что сейчас началось в Джидде, приведет к прекращению огня.

Но в конечном итоге должны быть также справедливые условия для украинского народа и, в конечном итоге, гарантия безопасности для Украины. Этого невозможно достичь с помощью мероприятий, подобных тем, которые мы, к сожалению, наблюдали в Овальном кабинете.


Являются ли США, какими мы их видим сейчас, по-прежнему нашим партнером?


Партнерство рассчитано на одну страну, и я знаю, что у Европы и Германии все еще много друзей в Соединенных Штатах.

Вот почему я бы сказал, что сейчас мы замечаем, что США посылают сигналы о том, что они отворачиваются от Европы.

Они ищут дистанцию, они думают о вкладе Америки в НАТО.


Все это также меняет роль Европы. Но мы не должны быть заинтересованы в том, чтобы платить тем же. Мы уверены, что трансатлантическое партнерство может вновь окрепнуть в будущем, возможно, не в ближайшие годы, а в более отдаленном будущем.


До тех пор мы должны ясно понимать, что решения, принимаемые сейчас

в США, вынуждают нас в Европе сделать то, что мы долгое время отказывались признать: мы должны обеспечить свою собственную мощь, включая военную мощь. И нас заметят и будут воспринимать всерьез только в том случае, если в дополнение к военной мощи у нас будет и экономическая мощь.

Тогда, я думаю, нам не придется опасаться за будущее Европы. Ничего из этого не произойдет в одночасье, но нам необходимо принять правильные фундаментальные решения уже сейчас. И я очень рад, что многие люди в политическом Берлине это осознали и что правильные шаги, по крайней мере, предпринимаются.


Эта сцена в Овальном кабинете может свидетельствовать о чем-то другом. Дипломатические обычаи часто высмеиваются как простая протокольная чепуха. Очевидно, это больше. Насколько важна дипломатия для глобальной сплоченности?


Вы спрашиваете не только федерального президента, но и бывшего министра иностранных дел, который не считал дипломатию приятным дополнением, но считал ее необходимой.

Вот почему я говорю: мы должны ясно понимать, что дипломатия сама по себе не может изменить мир к лучшему. Он должен основываться на своих собственных силах. Для достижения этой цели нам нужно сделать гораздо больше. Но мы также должны осознавать, что мы должны работать с теми, кто все еще доступен нам в качестве партнеров в мире, чтобы гарантировать, что трамповский принцип беззакония не будет доминировать в будущем международных отношений, но мы должны работать с теми, кто является нашими партнерами, чтобы гарантировать, что правила, на которые мы все ориентируемся, будут соблюдаться. Сюда входят международное право, Устав Организации Объединенных Наций, основополагающий принцип свободной мировой торговли и ВТО. И теперь, вернувшись из Южной Америки – Уругвая, Парагвая и Чили, – я могу вам сказать, что есть партнеры, которые мыслят в том же направлении, что и мы. Их можно встретить не только в Европе.


Сегодняшняя лекция hr1 состоится во дворце Бельвю в Берлине по приглашению главы нашего государства, федерального президента Франка-Вальтера Штайнмайера. Честно говоря, когда я прохожу мимо замка, я часто думаю о господине Херкелинге, который когда-то здесь жил…


Я думаю, он тоже... (смеется).


...которая прибыла сюда в костюме королевы Беатрикс и захотела вкусно поесть.

Это было задолго до вашего времени. Смогли ли вы посмеяться над этим?


Я не просто мог посмеяться над этим, я смеялся над этим в тот момент, и я смеялся над этим вместе с ним. Я его немного знаю, и мы часто обсуждали и делились этой ситуацией.



Не надо смеяться над всем, потому что: Конечно, это также вызвало тогда много дискуссий здесь, в замке.


Безопасность, да.


Да, безопасность.


А что бы произошло, если бы пришла настоящая королева? А что, если бы они встретились?


Я думаю, что вопрос конкуренции был бы быстро решен. (смеется)


Сегодня это было бы немыслимо из-за невероятно высоких мер безопасности.


Я думаю, это был не единственный случай. Я полагаю, что с тех пор мы стали свидетелями более серьезных случаев по всему миру, что привело к ужесточению требований безопасности. И я очень надеюсь, что подобные случаи сегодня больше не повторятся. В любом случае, полицейские у ворот внимательно следят за ситуацией.


Я это испытал. Наш федеральный президент вскоре поделится некоторыми личными соображениями. Как всегда, в этом нам поможет опросник HR1. Теперь облагораживается и популярная анкета hr1, которую никогда не заполнял глава нашего государства.

Моя самая большая привилегия как федерального президента — это...

…что я смог стать федеральным президентом после политической карьеры, которая вовлекала меня в партийную политику – внешнюю политику, внутреннюю политику – и что я могу провести здесь своего рода кульминацию своего опыта.


Полфунта масла стоит примерно…


… 2,30 евро в дисконтном магазине, три евро в органическом магазине.


Я узнала от своей дочери...


… всегда оставаться любопытным. Она работает в сфере прессы и связей с общественностью, поэтому, скорее всего, будет на вашей стороне, когда дело дойдет до вопросов, и она задает их мне.


Моя любимая еда…


К сожалению, довольно много. Я бы сказал, собирательный термин, часто итальянская паста.


Последнее, что я тянул лямку , было…


Нисколько.


Больше всего меня раздражает…


Непримиримость и неразумность.


Самое сложное в демократии то, что...


…что вам придется признать, что другие правы.


Я пожалел...


…что во время моей активной политической деятельности, особенно в качестве главы Канцелярии, у меня было мало времени для моей дочери, о которой вы упоминали ранее. Было слишком мало времени.


Я хотел бы провести вечер с...


Hape Kerkeling — это всегда удовольствие.


Для меня 24 августа — это...


24 августа для нас в семье небольшой праздник, так как в этот день моей жене сделали трансплантацию. Уже 15 лет назад.


И вы стали донором ее почки?


Да.


Вера?


Все еще дает мне ориентацию.


Моя последняя сигарета была...


… много лет назад. Слава Богу, после того как мне удалось бросить курить два или три раза, я начал снова и с таким же успехом. Но слава богу, теперь я от этого избавился.


На моей книжной полке в правом нижнем углу находится...


Вы думаете, что моя книжная полка слишком маленькая (смеется). Он огибает три угла библиотеки, а в правом нижнем углу действительно находится остальная часть моей юридической литературы.


Анкета hr1, заполненная федеральным президентом Франком-Вальтером Штайнмайером. Спасибо. Федеральный президент представляет нашу страну и в хорошие, и в плохие времена. Он принимает государственных гостей, но к нему также обращаются, когда происходят ужасные вещи. И, к сожалению, за последние несколько месяцев нам пришлось столкнуться с этим более чем достаточно. Было совершено много нападений, в результате которых погибли и были ранены люди. Иногда вам бывает трудно предложить утешение?


Поскольку я только что вернулся из Ханау, где мы вспоминали ужасные убийства пять лет назад, я помню день после убийств, когда я сидел с тогдашним премьер-министром Гессена и его родственниками.




Там присутствовал мэр города Ханау. И бывают ситуации, когда вы не можете предложить утешение, когда боль настолько сильна, что горе даже не может овладеть человеком. Это те ситуации, когда иногда лучше поплакать вместе с близкими, и это была одна из тех ситуаций, когда никто не мог сдержать слез. К сожалению, эта ситуация слишком часто повторялась в последние годы — когда я думаю о Галле, Мангейме, Золингене, Магдебурге, Ашаффенбурге.


Как можно вселить уверенность в такие моменты?


В такие моменты нельзя произносить фразу «И отныне мы снова смотрим вперед». Но это ситуации, когда для людей, оставшихся позади и потерявших своих близких, с каждой секундой все становится совсем не так, как прежде. Вот почему нам не следует использовать пустые фразы вроде «Сейчас мы смотрим вперед». Вместо этого вам нужен язык, который позволит вам максимально сопереживать ситуациям людей, не чувствуя при этом того же, что и те, кто только что потерял своих близких. Но

сострадательный язык важнее нереалистичного видения будущего, которое не может возникнуть в такой

ситуации.


Сегодня мы в гостях в офисе федерального президента Франка-Вальтера Штайнмайера. Меня зовут Уве Берндт, и я принес вам кое-что из вашего студенческого прошлого в Гиссене. Мы как раз об этом говорили.

Мы уже упоминали ее: Бригитту

Циприс, с которой вы вместе учились. И она действительно прислала нам приветствие.

Я хотел бы проиграть это для вас.


Бригитте Циприс: Дорогой Фрэнк, на этот раз ваше местное время привело вас в Штадталлендорф. Город, который находится всего в 50 километрах от нашего общего места учебы – Гиссена. За время моего пребывания в Гиссене я ни разу не посетила Штадталлендорф. Но, конечно, теперь я заглянула в город и поняла, что мы, как внимательные читатели Gießener Anzeiger, должны были обратить внимание на Штадталлендорф в 1977 году.

1 января 1967 года Аллендорф стал Штадталлендорфом. И это определенно было в нашей газете в то время. Я также узнала, что на заводе взрывчатых веществ в Аллендорфе есть музей, посвященный истории принудительного труда. И это показалось мне настолько интересным, что я решил, что в следующий раз, когда буду в Южном Гессене, сделаю крюк в Штадталлендорф.

Желаю вам как минимум захватывающих, интересных и, конечно же, утомительных дней с хорошими разговорами. Мне интересно услышать, что вы сообщите, когда появится возможность. Увидимся позже, Бригитта.


С точки зрения Касселя, Штадталлендорф уже находится на юге Гессена.


Спор скорее касается вопроса: Центральный Гессен или Верхний Гессен? Точно. Я думаю, это Верхний Гессен.


Для меня это Центральный Гессен, Штадталлендорф, верно?


Я не знаю, были ли когда-либо фактически уточнены границы.


Вы тоже игнорировали Штадталлендорф, когда были студентом? Конечно, вы были зациклены на месте учебы.


Я задавал себе этот вопрос и, конечно, часто бывал в Марбурге. Я, конечно, был еще ближе к Штадталлендорфу: в Рауишхольцхаузене. Рауишхольцхаузен был частью Гиссенского университета. Там были сельскохозяйственные опытные участки. Раз в год там проводился университетский фестиваль. Это уже было недалеко от Штадталлендорфа. Я думаю, Амёнебург даже ближе. Я был там один или два раза. Но, насколько мне известно, не в самом Штадталлендорфе.


Как добраться из Штадталлендорфа на Кубу? Им нужна была кубинская музыка.


Это просто потому, что я только что вернулся из Южной Америки, посетил Уругвай, Парагвай и Чили, послушал много латиноамериканской и южноамериканской музыки, и тут я вспомнил о Buena Vista Social

Club.


И мы слышим это сейчас. «Чан-Чан» для Франка-Вальтера Штайнмайера. [Представляем музыку]


Федеральный президент упаковывает свой штандарт. На следующей неделе он на три дня переедет в свою официальную резиденцию в Штадталлендорф. Ему там не будет скучно. Он хочет связаться с гессенцами. Он хочет обсудить с ними некоторые вопросы. Где мы можем с вами встретиться в Штадталлендорфе?


Начнем мы, как обычно в это местное время, с обсуждения с местными политиками, конечно же, в ратуше. Мы пригласили людей за круглый стол — спорный журнальный столик — где мы обсудили вопрос «Миграция и иммиграция: как это происходит в Штадталлендорфе?»


Но мы не только встретимся для таких официальных дискуссий, но и получим глубокое представление о спортивной и клубной жизни города. Мы встречаемся с молодежью, посещаем компании и беседуем с менеджерами, рабочими советами и стажерами;

также ходите

по магазинам города и разговаривайте

с людьми

на улице.

Так что есть много возможностей, во-первых, познакомиться с людьми, но, что для меня важнее, поговорить с ними.


А еще ты будешь посещать школу бокса. Что особенного в этой школе бокса?


Из того, что я прочитал, следует, что эта школа бокса является инструментом или возможностью для интеграции молодых людей. И очевидно, что город также с удовлетворением наблюдает за тем, как именно эта школа бокса преуспевает в интеграции молодых иммигрантов в общество. Я просто взгляну на это. Как я уже сказал, мы не приходим сюда, ожидая, что все, что написано об успешной интеграции в Штадталлендорфе, —

чистая правда.

Скорее,

нам любопытно узнать, насколько все это осуществилось и где могут быть недостатки. Мы уже получили несколько письменных сообщений из школ: учителя заявили, что нам действительно нужно лучшее оборудование, чтобы иметь возможность успешно проводить интеграционную работу.


Насколько сложно вести диалог с людьми в наше время, когда вы практически днем ​​и ночью окружены силами безопасности?

Конечно,

Федеральный президент — уязвимый человек и его нужно защищать, но тогда вряд ли вы сможете подойти к торговке на рынке. Так как же это сделать?


Да, честно говоря, господин Берндт, мы тоже кое-чему научились из этого. Мы также двинулись в обычном строю в первое по местному времени и поняли, что это создает слишком высокий барьер для граждан, желающих приблизиться к нам. Затем мы обсудили более гибкие модели с сотрудниками службы безопасности и полицией, и это сработало; вы также увидите в Штадталлендорфе; теперь он работает довольно хорошо. И вот то, в чем вы только что сомневались, происходит ли это: разговор с рыночницей или с теми, кто делает покупки в магазинах, или с теми, кого мы встречаем на спортивных мероприятиях. Это работает довольно хорошо. И, честно говоря, наше присутствие очень редко встречало отторжение. Были небольшие демонстрации и протесты, организованные экстремистами, которые мы тоже пережили дважды, по-моему, по местному времени, если я правильно помню. Но по сути это чрезмерное неприятие политики, о котором я всегда читаю, не подтверждается. На самом деле люди по-прежнему очень рады, когда встречаются с федеральным президентом, когда они могут задать ему вопросы и, в случае сомнений, у него даже могут быть ответы.


Мы сможем увидеть это на следующей неделе в Штадталлендорфе: Франк-Вальтер Штайнмайер. Франк-Вальтер Штайнмайер будет главой нашего государства еще ровно два года, после чего завершится его второй срок полномочий. Это время еще можно предвидеть, но в это время еще многое можно будет инициировать. Итак, что в вашем списке дел? Чем еще вы хотели бы заняться во время своего пребывания на посту?


Итак, есть три дела, которыми я сейчас занимаюсь и которые не закончатся ни завтра, ни послезавтра.

Обратите внимание, что я предпринял целенаправленные усилия, чтобы вновь обратиться к теме «примирения с периодом коронавируса». Честно говоря, не потому, что мне есть что критиковать. Во-вторых, потому что я вовсе не могу рекомендовать сейчас искать козлов отпущения или виновных, а потому что это может нам помочь вдвойне. Во-первых, потому что демократия могла бы показать,

что мы в Германии пережили пандемию лучше, чем другие. А во-вторых, там, где мы можем что-то улучшить, мы также можем чему-то научиться. И оба эти вопроса настолько важны, что я могу только рекомендовать новому Бундестагу действительно посвятить себя решению этой проблемы. Вторым вопросом является «способность государства действовать». Я думаю, что есть огромные ожидания, что что-то наконец изменится в той долгой-долгой дискуссии, которую мы ведем о сокращении бюрократии. И, конечно, речь идет не только о сокращении бюрократии в узком смысле — например, о более коротких и понятных формах, — но и о том, чтобы сделать нашу администрацию более цифровой, чтобы у нас было больше людей, которые действительно готовы давать советы.


Вы взяли под свое покровительство группу, которая обдумывает этот вопрос. Но это также то, что мы слышим уже много лет. И возникает вопрос: почему эта страна такая медлительная? Конечно, никто не поддерживает бюрократию в Германии.



Никто не поддерживает бюрократию, но она развивается относительно независимо...


Почему это происходит с нами?


… и время от времени вам просто нужно думать о том, где можно что-то сократить. Я всегда говорю: давайте вспомним кризисы, которые мы преодолели за последние десятилетия. Не будем сетовать на то, что есть, а будем помнить, что мы всегда находили в себе силы для реформ.



Поэтому: мы не победим в будущем с помощью трусости, борьбы и неуверенности в себе, а с помощью размышлений о своих сильных сторонах и взгляда в будущее.


Основной посыл часто исходит от федеральных президентов, например: «Германию должна потрясти», «Ислам принадлежит Германии». Что бы вы хотели, чтобы произошло? Какое предложение должно остаться от вашего президентства?


Ранее я ссылался на свою более длинную биографию и узнал: немцы любят быструю речь, но не любят резких высказываний.


Да, именно так.


Мне пришлось усвоить это на собственном горьком опыте после так называемой «Повестки дня 2010». Поэтому я хотел бы, чтобы запомнилась не одна фраза, а чтобы серьезность моей приверженности демократии в этой стране сохранялась и чтобы я подчеркивал это разными способами.


Федеральное собрание через два года изберет вашего преемника. До этого времени еще есть время. Конечно, вы ничего не предложите, но разве не пора женщине в таком положении?


Да, я как раз собирался поправить вас, когда вы сказали «преемник». Я думаю, мы должны предположить, что будет сильное желание иметь преемника. Но вы правы, я не буду давать никаких рекомендаций по этому поводу. Это будет следующее Федеральное Собрание.


Но, возможно, в конце концов, так сказать, мы сможем сформулировать объявление о вакансии для вас. Так что же там должно быть? Федеральный президент, мужчина, женщина, разнообразный, должен принести...


… не только жизненный опыт, но – на мой взгляд – также немного политического опыта и любопытства к тому, что происходит вокруг нашей страны.


Господин Федеральный президент, большое спасибо за интервью, большое спасибо за посещение ток-шоу hr1. В конце у нас принято, чтобы гость прочитал наизусть какую-нибудь маленькую песенку.


Этот принцип я неоднократно повторяю молодым людям, в том числе группам посетителей, которые затем спрашивают меня: «Господин Штайнмайер, вы стали федеральным президентом. Вы уже делали то-то и то-то. Как вы планируете такую ​​карьеру?» И мой ответ всегда один: не планировать. Потому что в конечном итоге жизнь — это то, что происходит незапланированно.


Хорошее предложение для завершения этого разговора. На этом мы переходим к воскресенью. Спасибо за интервью! Меня зовут Уве Берндт. Мы оба желаем вам хорошего воскресенья. Пока.





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